Essen. Nach dem Auslaufen des 9-Euro-Tickets im Spätsommer könnte es für Fahrgäste in Bussen und Bahnen Anfang 2023 ein böses Erwachen geben.
Nach dem Auslaufen des stark rabattierten 9-Euro-Nahverkehrstickets im Spätsommer könnte es für Fahrgäste in Bussen und Bahnen Anfang 2023 ein böses Erwachen geben. Branchenexperten schließen einen drastischen Anstieg der ÖPNV-Tarife zum Jahreswechsel nicht mehr aus.
Ab September wieder altes Preisniveau
Mit dem Ende der Rabattaktion im August werde der Ticketpreis im September automatisch zunächst auf das alte Preisniveau zurückgehen, sagte José Luis Castrillo, Vorstandsmitglied des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr, der WAZ. „Gleichzeitig müssen wir dringend Sorge tragen, dass unsere Kundentarife ab 2023 nicht durch die Decke schießen. Die Gefahr besteht real“, so der VRR-Manager.
Starker Anstieg der Energiekosten
Hintergrund ist nach Castrillos Worten der starke Anstieg der Energiekosten im ÖPNV. Zudem trüben weiterhin Corona-Einnahmeausfälle die Bilanzen. Allein im VRR gehe es dadurch um die Finanzierung zusätzlicher 300 Millionen Euro. Zum Vergleich: Eine normale Tariferhöhung bringt dem VRR rund 30 Millionen Euro Mehreinnahmen.
"Grenzen dessen, was unseren Kunden noch vermittelbar ist"
Castrillo: „Bleibt die Situation so, wie sie ist, stoßen wir bald ganz klar an die Grenzen dessen, was unseren Kunden noch vermittelbar ist. Tariferhöhungen der letzten Jahre unter zwei Prozent werden die Teuerungsraten nicht mehr abfedern.“ Er appellierte an Land und Bund, für eine auskömmliche Finanzierung des ÖPNV zu sorgen.
Stresstest am Pfingstwochenende
Wegen des starken Fahrgast-Aufkommens infolge des 9-Euro-Tickets wurde das vergangene Pfingstwochenende auch für den VRR zum Stresstest. „Wir hatten praktisch alles auf der Schiene, was rollen kann“, sagte Castrillo. Trotzdem kam es besonders bei den Regionalbahnen und Regionalexpresslinien zu Überlastungen. Viele Tausend Menschen passten nicht mehr in die Züge und mussten auf spätere Zugleistungen ausweichen.
Fahrgäste mussten zurückgelassen werden
Insbesondere am Freitagnachmittag, Samstagvormittag und am späten Samstagnachmittag war die Hauptachse von Köln über Düsseldorf durch das Ruhrgebiet nach Hamm mit den Linien RE1, RE2, RE5, RE6 und RE11 so überlastet, dass praktisch alle Züge über Stunden immer wieder zahlreiche Fahrgäste zurücklassen mussten. Besonders betroffen war auch der RE16, auf dem am Samstag zahlreiche Züge wegen Personalmangels ausfielen.
Hohe Auslastung der Züge auch um Fronleichnam erwartet
Der VRR rechnet auch in den nächsten Tagen, insbesondere an Fronleichnam mit einer hohen Auslastung. „Wir müssen aufpassen, gerade Menschen, die gewöhnlich nicht mit der Bahn fahren, jetzt nicht zu verprellen“, warnte Castrillo. Schließlich sei ein erklärtes Ziel der vom Bund finanzierten Rabattaktion, Neukunden für den ÖPNV zu gewinnen. Dieses Kalkül ist aber bisher nicht aufgegangen. Laut Castrillo gelang es dem VRR nicht, eine nennenswerte Zahl der 900.000 im Verbund bislang verkauften 9-Euro-Tickets in Zeit-Abos umzuwandeln.