Düsseldorf. Der Gedenktag gegen Gewalt an Frauen am 25. November öffnet den Blick für das bisher Versäumte, auch in NRW. Tatort ist immer öfter das Internet.
Zum morgigen Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen haben NRW-Landespolitikerinnen und Landespolitiker ihren Willen bekundet, sich entschlossen gegen die Diskriminierung von Mädchen und Frauen zu wenden, gleichzeitig aber Defizite beim Kampf gegen die Täter eingeräumt. „Die traurige Wahrheit ist, dass Frauen unabhängig von Schicht, Herkunft, Alter, Behinderung und anderer Merkmale Opfer von geschlechtsbezogener Gewalt werden und das leider jeden Tag“, sagte NRW-Gleichstellungsministerin Josefine Paul (Grüne) am Donnerstag im Landtag.
Die Polizeistatistik müsse aufrütteln, waren sich Vertreter aller Fraktionen einig. Demnach wird an jedem dritten Tag in Deutschland eine Frau von ihrem Ex-Partner oder Partner getötet. Jede dritte Frau in Deutschland ist von sexualisierter oder körperlicher Gewalt betroffen. Das bundesweite Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ hat im vergangenen Jahr 60 Prozent der rund 54.000 Anruferinnen zum Thema häusliche Gewalt beraten.
Istanbul-Konvention noch lange nicht erfüllt
Leitplanke für dieses Thema ist laut Ministerin Paul die Istanbul-Konvention des Europarats zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. „Es gibt in NRW Schutzlücken bei der Umsetzung der Istanbul-Konvention“, so die Ministerin. Die schwarz-grüne Landesregierung sehe sich in der Pflicht, diese Lücken zu schließen. Das Parlament folgte mehrheitlich einem Antrag von CDU und Grünen, die Schutzplätze in Frauenhäusern schnell auszubauen.
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SPD und FDP hielten Ministerin Paul aber vor, sie akzeptiere im Haushalt für 2023 eine Kürzung der Mittel für die Frauenhilfe in NRW um fast zwei Millionen Euro. „Bei den Schutzplätzen für Frauen liegen Wunsch und Wirklichkeit in NRW weit auseinander“, sagte Christin-Marie Stamm (SPD). Der frühere NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP) sprach von einem „Schaufensterantrag“ der Regierungsfraktionen. Ministern Paul versicherte, dass in den kommenden Jahren dennoch erheblich mehr Geld für die Frauenhäuser zur Verfügung stehen werde als in der Vergangenheit.
Starker Zuwachs bei der digitalen Gewalt
Laut dem bundesweiten Hilfetelefon nimmt die digitale Gewalt gegen Frauen rasant zu. Die gemeinnützige Organisation „HateAid“, die Betroffene von digitaler Gewalt berät, verzeichnet seit der Pandemie immer mehr Hilferufe. „Die Inhalte, die Frauen erhalten, sind meist deutlich drastischer als bei den Männern“, sagte Josephine Ballon von „HateAid“, die in dieser Woche Gast der SPD-Landtagsfraktion war. Laut Ballon erfahren Frauen in sozialen Medien meist sexualisierte Gewalt, während es bei Männern oft „nur“ um Kritik an einer öffentlichen Aussage gehe.
Dass Deutschland noch zu wenig auf die Arbeit mit den Tätern setzt, zeigt eine Reportage in dieser Zeitung. Sie beschreibt den Fall von Adrian, der seine Frau immer wieder verprügelt hat, nun einen Ausweg aus der eigenen Aggression sucht und professionelle Hilfe gefunden hat.
In NRW können Gewaltopfer seit einiger Zeit über eine "Tarn-App" Hilfe erreichen.
Seit einiger Zeit werden auch Schutzplätze für männliche Gewaltopfer eingerichtet.
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