Düsseldorf. Im Grund ist das 49-Euro-Ticket eine gute Idee, sagen Experten. Aber der Teufel steckt im Detail. Ein Kritikpunkt ist der Preis.

Dass das geplante 49-Euro-Ticket als Nachfolger des beliebten 9-Euro-Tickets grundsätzlich eine gute Idee ist, bekräftigten am Donnerstag Verkehrsunternehmen und Vertreter vieler Parteien in NRW. Ob es aber gelingen kann, den neuen Fahrschein schon zum Januar an den Start zu bringen und ob er „sozial“ genug ist, ist umstritten.

„Je mehr Menschen auf Öffentlichen Nahverkehr umsteigen umso besser. Klimapolitisch ist das 49-Euro-Ticket eine Chance. Aber die Menschen, die eine finanzielle Entlastung am nötigsten haben, werden systematisch ausgegrenzt“, sagte Christian Woltering, Vorsitzender der Freien Wohlfahrtspflege NRW, dieser Redaktion. Für Menschen mit geringen Einkommen seien 49 Euro zu teuer.

Vorschlag: 29-Euro-Ticket für Geringverdiener

Die Wohlfahrtsverbände fordern das Land NRW daher auf, für Geringverdiener ein zusätzliches subventioniertes Angebot nach dem Vorbild des Bielefelder 29-Euro-Tickets auf den Weg zu bringen. Auch die SPD-Landtagsfraktion insistierte, Bezieher von Sozialleistungen und Jugendliche sollten mit Landes-Unterstützung Zugang zu einem günstigeren Ticket erhalten.

Bund und Länder hatten am Mittwoch den Weg für das gemeinschaftlich finanzierte 49-Euro-Monatsticket freigemacht. Geplant ist es als digitales, bundesweit gültiges „Deutschlandticket“. Die so genannten Regionalisierungsmittel, die der Bund den Ländern für den Schienenverkehr gibt, werden schon 2022 um eine Milliarde Euro jährlich erhöht und künftig regelmäßig weiter aufgestockt.

Ist die Finanzierung auskömmlich?

Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) erklärte gegenüber dieser Redaktion, die Analyse und Bewertung, wie sich diese Finanzierung auf den VRR auswirke, werde „noch eine Zeit dauern“. Im Oktober hatte der Verbund eine solide Finanzierung angemahnt, um das Angebot erhalten zu können. Hubert Jung, Verkehrsvorstand der Dortmunder Stadtwerke und Vizepräsident des Verbandes deutscher Verkehrsunternehmen VDV, warnte: „Es sind weiterhin Zweifel angebracht, ob der Nahverkehr auf Basis der aktuellen Beschlüsse wirklich auskömmlich finanziert werden kann.“

Oliver Wolff, Hauptgeschäftsführer des VDV, nannte das 49-Euro-Ticket gegenüber der Nachrichtenagentur dpa zwar einen "Meilenstein nach vorne". Das Ticket sei aber in so kurzer Frist nicht umzusetzen. Realistisch sei eine Einführung am 1. März

"Tarifdschungel" könnte bald gelichtet werden

Der VRR ermuntert Interessierte, die das „Deutschlandticket“ nutzen möchten, sich jetzt schon per VRR-App registrieren zu lassen. Wer bereits ein Ticket-Abo habe, müsse nichts unternehmen und werde rechtzeitig vor Einführung informiert. Das 49-Euro-Ticket dürfte den „Tarifdschungel“ aus 50 verschiedenen und zum Teil recht teuren Monatsfahrkarten, die allein der VRR anbietet, schlagartig lichten.

Der Fahrgastverband Pro Bahn NRW befürchtet, dass die Finanzierung des „Deutschlandtickets“ zu knapp bemessen sei und daher Angebotseinschränkungen drohten. Dabei sei die Qualität des Nahverkehrs in NRW „noch nie so schlecht gewesen, wie in den vergangenen Monaten“, so Verbands-Sprecher Lothar Ebbers. Er warnte auch davor, das neue Angebot rein digital als Smartphone-Ticket einzuführen, weil dann viele potenzielle Nutzer darauf verzichten würden.

Fahrgastverband fragt, ob es nur ein "Deutschlandticket" sein muss

Pro Bahn hätte sich auch eine Differenzierung in ein deutschlandweites, ein regionales und ein lokales Ticket mit unterschiedlichen Preisen gewünscht.

Wibke Brems, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag, nannte das neue Ticket ein "Ausrufezeichen fürs Klima und ein riesiger Erfolg für die Verkehrswende". Damit komme der Nahverkehr in Deutschland im 21. Jahrhundert an. Das Ticket sei der Einstieg in eine unkomplizierte, klimafreundliche Mobilität. Komplizierte Tarife gehörten mit dem 49-Euro-Ticket der Vergangenheit an. "Doch leider hat die Bund-Länder-Einigung in Sachen Nahverkehr Schattenseiten: Ticketpreise attraktiver zu machen ist das eine, die Qualität des ÖPNV muss ebenso erhöht werden", so Brems.