Essen/Bremerhaven. Bund und Länder haben sich für ein 49-Euro-Tickets ausgesprochen. Was der VRR und der Fahrgastverband Pro Bahn jetzt von der Politik fordern.
Die Verkehrsminister von Bund und Ländern haben sich für die Einführung eines 49-Euro-Tickets als Nachfolger des Neun-Euro-Tickets ausgesprochen – sie konnten sich bei der Finanzierung des Vorhabens jedoch weiter nicht einigen. Das sorgt für Kritik seitens Verbänden wie „Pro Bahn“ oder der „Allianz pro Schiene“. Doch auch der VRR klagt über offene Millionenbeträge.
Verbände drängen auf rasche Lösung - „die Menschen erwarten konkrete Schritte“
Fahrgast- und Fachverbände haben sich enttäuscht über die Fortschritte beim 49-Euro-Ticket gezeigt. „Wieder einmal wurde eine Verständigung über die Finanzierung des Klimatickets aufgeschoben. Bund und Länder zeigen mit dem Finger aufeinander, der jeweils andere möge den ersten Schritt tun. So kommen wir nicht weiter“, kritisiert die „Allianz pro Schiene“. Joachim Korn, Sprecher des Verbandes in NRW moniert vor allem, dass für viele Menschen die Möglichkeiten fehlten, ein Nahverkehrsticket auch entsprechend zu nutzen. Er plädiert für einen Ausbau der Park-und-Ride-Anlagen. „Die Zeit drängt, und die Menschen erwarten konkrete Schritte zum Ausbau des Nahverkehrs“, so die Allianz pro Schiene.
Detlef Neuß vom Fahrgastverband „Pro Bahn“ sieht das ähnlich: „Konkret verabredet wurde nichts, es gibt keinerlei Konzepte, wie die bisher möglichen Zusatznutzen wie Fahrradmitnahme, 1. Klasse-Nutzung oder ähnliches in eine künftige Tarifstruktur eingebunden werden.“. Er bezweifelt, dass es so gelingt, zum 1. Januar 2023 ein Nachfolgeticket auf die Schiene zu bringen. „Wir brauchen das – und zwar zeitnah“. Zudem müssten die Genehmigungsprozesse zum Ausbau des Schienennetzes deutlich beschleunigt werden. Lesen Sie auch: „Klimaticket“ – 9-Euro-Ticket soll 49-Euro-Ticket werden
VRR begrüßt geplante Einführung, klagt aber über finanzielle Unklarheit
Auch der Branchenverband Mofair kritisiert die Ergebnisse der Verkehrsministerkonferenz. Es sei der zweite vor dem ersten Schritt gemacht worden. Zunächst müssten sich Bund und Länder über die Regionalisierungsmittel einigen, mit denen das bisherige Bahnangebot aufrechterhalten werden kann. „Sonst wird das Ticket zu einem klimapolitischen Fehlschlag“, so Mofair-Präsident Tobias Heinemann.
Der VRR hatte die geplante Einführung des 49-Euro-Tickets am Donnerstagnachmittag begrüßt, klagt aber ebenfalls über die unklare Finanzierung. „Uns fehlen in diesem Jahr schon erhebliche Millionenbeträge zur Finanzierung des Schienenverkehr wegen der steigenden Energiepreise. Ohne entsprechende Finanzierung des bisherigen Angebots nutzt auch kein Klimaticket“, betont VRR-Vorstandssprecherin Gabriele Matz. Die Verkehrsträger im Nachbarland Rheinland-Pfalz haben bereits für 2023 Einstellungen des Zugverkehrs in vielen ländlichen Regionen angekündigt und sehen sich angesichts steigender Kosten gezwungen, S-Bahn-Takte auszudünnen.
49-Euro-Ticket geplant, aber Finanzierung noch nicht abschließend geklärt
Über die Finanzierung habe es keine Einigung gegeben, sagte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) am Donnerstag in Bremerhaven. Die Bundesländer forderten weitere Unterstützung für Erhalt und Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel. Die Länder hätten von Anfang an klar gemacht, dass „zwingende Bedingung für ein deutschlandweites Ticket die Erhöhung der Regionalisierungsmittel ist“, betonte Brandenburgs Verkehrsminister Guido Beermann (CDU). Er wünsche sich hier mehr Entgegenkommen vom Bund.
Bei der Finanzierung „sind wir nicht nah genug beieinander, um es ohne die Finanzminister und die Ministerpräsidenten zu machen“, sagte Wissing. Die Verkehrsministerkonferenz habe aber wichtige technische Fragen klären können.
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Das Ticket soll laut der Bremer Verkehrssenatorin Maike Schäfer (Grüne) papierlos sein, deutschlandweit gelten und „möglichst schnell“ eingeführt werden. Nach zwei Jahren soll das Paket zudem evaluiert werden. Zunächst müsse sich die Ministerpräsidentenkonferenz aber noch mit diesem „Vorschlag“ beschäftigen.
Tarifdschungel in Nordrhein-Westfalen würde auf einen Schlag gelichtet
In NRW würde das 49-Euro-Ticket viele Bus- und Bahnfahrten deutlich billiger machen und den ÖPNV-Tarifdschungel in Nordrhein-Westfalen auf einen Schlag lichten. Unter den mehr als 50 verschiedenen Monatsfahrkarten, die allein der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) anbietet, liegen fast alle Ticketvarianten teils deutlich oberhalb von 49 Euro. So kostet das teuerste Ticket 2000 derzeit knapp 210 Euro, ein Ticket 1000 für Fahrten in die Nachbarstadt zwischen 75 und 115 Euro. Auch das beliebte „Bärenticket“ für Menschen ab 60 (93 Euro) wäre von heute auf morgen überflüssig.
Verkehrsunternehmen fordern Ausgleich für gestiegene Energiekosten
Auch Verkehrsmanager aus der Region begrüßten den Bund-Länder-Beschluss. Hubert Jung, Verkehrsvorstand der Dortmunder Stadtwerke, sprach von einem „wichtigen Mosaikstein im Rahmen der dringend erforderlichen Mobilitätswende“. Jung, der auch Vizepräsident des Verbandes deutscher Verkehrsunternehmen VDV ist, forderte Bund und Länder auf, nun die Restfinanzierung zu klären.
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„Die Verkehrsunternehmen brauchen einen Ausgleich für die massiv gestiegenen und weiter steigenden Diesel- und Strompreise“, sagte Jung der WAZ. Zudem müsse der Bund die Regionalisierungsmittel deutlich erhöhen, um einen Ausbau des Angebots im öffentlichen Verkehr möglich zu machen. Auch die Länder stünden hier in der Verantwortung.
„Ticket nur im Abo - um Kundenbindung zu erreichen“
Aus Sicht des Dortmunder Verkehrschefs muss das neue bundesweit gültige ÖPNV-Ticket zudem „zwingend“ ein Jahres-Abo sein. „Andernfalls werden wir zwar einen signifikanten Ferieneffekt erleben, aber keine Kundenbindung erreichen“, sagte Jung.
(mit dpa, afp)
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