Düsseldorf. Wieder stirbt in Dortmund ein Mensch nach Taser-Gebrauch. Amnesty hält die Geräte für riskant, die Polizeigewerkschaft GdP nicht.

Nach dem Todesfall bei einem Dortmunder Polizeieinsatz flammt die Diskussion über die Risiken der Distanzelektroimpulsgeräte (Taser) in NRW wieder auf. Amnesty International appellierte an die Landesregierung, auf eine Ausweitung der Ausrüstung mit Distanzelektroimpulsgeräten für die tägliche Polizeiarbeit zu verzichten.

Ungeklärte Frage: Ist der Taser für bestimmte Vorerkrankte lebensgefährlich?

Mathias John, Rüstungsexperte bei Amnesty International in Deutschland, sagte dieser Redaktion: "Der tragische Todesfall im Zusammenhang mit einem Taser-Einsatz in Dortmund zeigt erneut die gefährlichen Risiken des Einsatzes von Distanzelektroimpulsgeräten insbesondere im Streifendienst bei der Polizei.“ Dabei seien Menschen mit einem besonders hohen Risiko des Herz- oder Atemstillstands besonders gefährdet, gerade auch deshalb, weil man ihnen nicht immer ansehen könne, dass sie Risikopersonen seien.

„So kann es unter anderem in zugespitzten Situationen unter Zeitdruck zu tragischen Fehlentscheidungen für einen Einsatz der Elektroschockwaffe kommen. Daher fordert Amnesty International weiterhin, dass die Elektroschockwaffen nicht im allgemeinen Streifendienst der Polizei verwendet werden“, so John.

GdP-Landesvorsitzender Mertens verteidigt das "wichtige Instrument" Taser

Der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Michael Mertens, warnte hingegen vor einem solchen Schritt. Man müsse die umfassenden Ergebnisse zum Todesfall in Dortmund abwarten. „Mit großer Wahrscheinlichkeit dürfte ein Mix aus vielen Faktoren die Ursache sein: Eine sehr schlechte körperliche Verfassung, Alkoholkonsum, Stress und körperliche Gewalt durch die Polizei“, sagte Mertens dieser Zeitung. Es habe auch schon Todesfälle nach dem Einsatz von Pfefferspray oder nach einem Polizeigriff gegeben. „Der Beweis, dass der Taser ursächlich für einen Todesfall ist, wurde noch nie erbracht“, erklärte der Gewerkschafter.

Der Taser sei laut GdP ein Mittel, um solche Einsätze möglichst schadlos für alle Beteiligten zu bewältigen. Meist genüge schon die Drohung mit diesem Gerät, um eine Situation zu entschärfen. „Der Taser schließt eine Lücke zwischen Pfefferspray, Einsatzmehrzweckstock und Schusswaffe. Man würde der Polizei ein wichtiges Instrument nehmen, wenn die Landespolitik wieder vom Taser abrücken würde“, sagte Mertens. In Rheinland-Pfalz und Berlin habe sich der Taser bewährt. „Warum sollte NRW zu anderen Ergebnissen kommen? Das ist in NRW eine rein politische Diskussion, die auf dem Rücken der Gesundheit von Polizistinnen und Polizisten geführt wird“, so der GdP-Landeschef.

Grüne wollen Taser erneut auf den Prüfstand stellen

Die Grünen im NRW-Landtag fordern eine gründliche Untersuchung des Falls. „Sollte der Tod des Mannes im Zusammenhang mit dem Taser-Einsatz stehen, muss geprüft werden, welche Konsequenzen dies für den zukünftigen Einsatz von Tasern bei Polizeieinsätzen hat", sagte die Grünen-Innenexpertin Julia Höller dem Kölner Stadtanzeiger.

Dortmunder Polizei nach zwei Fällen unter besonderer Beobachtung

Am frühen Mittwochmorgen waren Einsatzkräfte in die Dortmunder Nordstadt gerufen worden, weil dort ein Obdachloser lautstark randalierte. Ein Polizist soll von dem Mann verletzt worden sein, woraufhin ein Kollege die umstrittene Elektroschockpistole abfeuerte. Der mit den beiden Elektroden getroffene Angreifer brach nach dem Stromstoß zusammen und verstarb trotz Reanimationsversuchen wenige Stunden später im Krankenhaus.

Die Dortmunder Polizei steht unter besonderer Beobachtung, seit Anfang August in der Nordstadt bereits ein 16-jähriger Flüchtling aus Afrika bei einem augenscheinlich missglückten Einsatz durch mehrere Kugeln aus einer Maschinenpistole getötet worden war. Auch damals kam zuvor ein Taser zum Einsatz, verfehlte aber seine Wirkung.