Düsseldorf. Qualifizierte Kommissarsanwärter sind offenbar immer schwerer zu finden. Die Gewerkschaft der Polizei spricht von einem „Warnsignal“.
Nordrhein-Westfalen hat erstmals seit Jahren wieder Mühe, ausreichend qualifizierte Bewerber für die Polizei zu finden. Obwohl die Zahl der interessierten Schulabsolventen mit Abitur oder Fachhochschulreife weiterhin konstant bei rund 10.000 liegt, erfüllen offenbar zu wenige die strengen Einstellungskriterien oder wollen den Dienst am Ende doch nicht antreten.
„Der Polizeiberuf ist attraktiv. Aber dass wir in NRW in diesem Jahr zum ersten Mal nicht genug Bewerberinnen und Bewerber für die Polizei gewonnen haben, ist mehr als ein Warnsignal“, erklärte der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Michael Mertens, am Mittwoch in Düsseldorf.
Unter den derzeitigen Rahmenbedingungen werde es nicht gelingen, genügend junge Menschen zu begeistern. Die GdP beklagt die hohe Arbeitsbelastung und fehlende Aufstiegschancen. In Zeiten des zunehmenden Fachkräftemangels wachse spürbar auch für die Polizei der Konkurrenzdruck im Kampf um die fähigsten Schulabsolventen, erklärte ein Gewerkschaftssprecher.
3000 Polizei-Einstellungen pro Jahr waren ein Wahlversprechen
Das Innenministerium verwies dagegen darauf, dass das Einstellungsverfahren für das Jahr 2022 noch nicht abgeschlossen sei und deshalb „noch keine belastbare Zahl“ vorläge, wie viele Kommissarsanwärter tatsächlich eingestellt werden konnten. Die Bewerbungsfrist wurde ausnahmsweise bis in den Oktober hinein verlängert. Hintergrund ist die Entscheidung der neuen schwarz-grünen Landesregierung, die Einstellungsermächtigungen im Polizeibereich bereits im Nachtragshaushalt 2022 um 400 auf dann 3000 jährlich zu erhöhen.
Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hatte mit dem Versprechen, die Zahl der Neueinstellungen bei der Polizei auf den Rekordwert von 3000 zu schrauben, seinen Landtagswahlkampf im Mai bestritten. Vor zehn Jahren war der Einstellungsjahrgang noch nicht einmal halb so groß. Um die vielen neuen Stellen überhaupt besetzen zu können, mussten nach Informationen unserer Redaktion zuletzt sogar Schulabsolventen, die eigentlich ihre Ausbildung erst 2023 beginnen wollten, in Einzelgesprächen für einen Dienstantritt schon in diesem Herbst gewonnen werden.
Maßnahmen gegen hohe Abbrecherquote bei der Polizei-Ausbildung
Im Innenministerium soll sich bereits eine Arbeitsgruppe mit dem Problem der Personalgewinnung befassen. Eine Absenkung der Einstellungsstandards gilt als schwierig. Zuletzt lag die Abbrecherquote mit fast 20 Prozent schon viel zu hoch. Innenminister Herbert Reul (CDU) versucht bereits mit einem Nachhilfeprogramm für leistungsschwache Kommissarsanwärter gegenzusteuern und hat eine Debatte über „zu starre“ Einstellungskriterien angeregt. Am Beispiel des Fußball-Nationalspielers Robin Gosens (Inter Mailand), dem nach eigener Aussage einst wegen einer Beinlängen-Differenz die angestrebte Karriere in der NRW-Polizei verwehrt blieb, hatte Reul eine bessere Einzelfallbetrachtung angekündigt.