Gelsenkirchen. Keine Fusion, aber ein enger Schulterschluss: Bogestra und Ruhrbahn wollen künftig eng kooperieren und planen eine Dachgesellschaft.
Die ganze Misere des Nahverkehrs im Ruhrgebiet darf erleben, wer mit Bussen und Bahnen nach Gelsenkirchen-Horst fahren will (oder muss) – sagen wir von Witten-Ardey aus. Mindestens anderthalb Stunden inklusive dreier Umstiege veranschlagt der Routenplaner für die 35 Kilometer lange Strecke, die man mit dem Auto in der Hälfte der Zeit zurücklegen kann.
Tatsächlich sind vor allem die vielen kleinen Ort-zu-Ort-Verbindungen über Stadtgrenzen hinaus das große Problem der Mobilität an der Ruhr. Der gordische Knoten der Verkehrsplanung wartet hier seit vielen Jahren darauf, durchschlagen zu werden.
Es entsteht der drittgrößter Nahverkehrsbetreiber nach Berlin und Hamburg
Einen neuen Versuch, den ÖPNV an der Ruhr kundenfreundlicher und effizienter zu gestalten, starten nun Ruhrbahn und Bogestra. Bis Ende 2023 soll eine Dachgesellschaft stehen, die die beiden Schwergewichte im Nahverkehr der Region vereint, ohne dass es gleich zur Fusion kommt. Denn die wäre brisant, weil die Finanzkonstruktion zur Querfinanzierung des ÖPNV aus Stadtwerkeerträgen steuer- und beihilferechtlich zum Einsturz kommen würde. Zusätzliche millionenschwere Steuerleistungen wären die Folge.
Projekt heißt "Auftakt Ruhr"
So bleibt es also beim Ziel, eines gemeinsamen „strategisches Managements“, einer „personellen Verschränkung“ sowie dem Anspruch, neue Angebote wie Bestell-Verkehre (On-Demand) oder Sharing-Systeme im engen Schulterschluss auf die Beine zu stellen. Beim Einkauf von Bussen und Fahrzeugsystemen will die neue Kooperation mit der dann gewonnenen Marktmacht als Deutschlands drittgrößter Nahverkehrsbetreiber nach Berlin und Hamburg zudem bessere Rabatte aushandeln. „Monetäre Synergieeffekte“ stünden aber nicht im Mittelpunkt des Projekts, das auf den Namen „Auftakt Ruhr“ hört, heißt es ausdrücklich.
Gipfeltreffen in Gelsenkirchen-Horst
Ins Werk gesetzt haben die Kooperation die vier Oberbürgermeister der bei Ruhrbahn und Bogestra federführenden Städte. Und so ließen es sich Karin Welge (Gelsenkirchen, SPD), Thomas Eiskirch (Bochum, SPD), Thomas Kufen (Essen, CDU) und Marc Buchholz (Mülheim, CDU) nicht nehmen, „Auftakt Ruhr“ in einem inszenatorischen Akt aufs Gleis zu setzen. Zwei Sonderwagen von Ruhrbahn und Bogestra brachten die vier Revier-Stadtoberhäupter am Freitag stilecht dorthin, wo man einen weiteren Teil der Misere des Nahverkehrs im Ruhrgebiet - seine unterschiedlichen Gleisbreiten - an nur einer Haltestelle besichtigen kann: nach Gelsenkirchen-Horst.