Essen. Die Internationale Gartenschau IGA 2027 will das Ruhrgebiet neu begrünen – der Weg dahin könnte steiniger werden als gedacht.
Klimabäume, Regenrückhaltesysteme, Energiegärten: Auf der Internationalen Gartenbauausstellung IGA 2027 wird sich vieles um den Klimawandel und seine Folgen drehen. Gleichzeitig belasten Fachkräftemangel und explodierende Materialkosten die Planungen für das größte Ruhrgebietsprojekt seit der Kulturhauptstadt 2010. Auf üppigen Blütenrausch sollen IGA-Besucher in fünf Jahren aber nicht verzichten müssen. Ein Überblick.
Was ist die IGA?
Die Internationale Gartenschau findet alle zehn Jahre in Deutschland statt, zuletzt in Berlin. Im Gegensatz zu den Bundesgartenschauen wird die IGA meist in großen Metropolen ausgerichtet und versteht sich als internationale Leistungsschau des Garten- und Landschaftsbaus. 2016 bewarb sich der Regionalverband Ruhr (RVR) um die IGA und erhielt von der Deutsche Bundesgartenschau-Gesellschaft (DBG) zwei Jahre später den Zuschlag. Gemeinsam mit den beteiligten Revierstädten hoben RVR und DBG anschließend die IGA-Projektgesellschaft aus der Taufe.
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Worum geht es bei der IGA im Revier?
Die IGA mit ihrem Kernprogramm von Frühjahr bis Herbst 2027 will deutlich mehr sein als eine übergroße Blümchenschau. Der Anspruch ist hoch. Die Gartenschau soll das Ruhrgebiet als grüne Metropole präsentieren und gleichzeitig Antworten auf die Frage geben, wie man als Ballungsraum dem Klimawandel begegnet. „Im Mittelpunkt stehen Innovationen und Experimente des Garten- und Landschaftsbaus“, betont Horst Fischer, hauptamtlicher Geschäftsführer der IGA-Projektgesellschaft. Zeigen könne man etwa, welche Pflanzen auf schwierigen Böden gedeihen – und welche nicht.
Was erwartet die IGA-Besucher?
Wichtigste Publikumsmagneten sind fünf zentrale „Zukunftsgärten“, in denen internationale Landschaftsgestalter ganze Stadtquartiere oder Brachflächen gestalten werden. In Dortmund entsteht rund um das Industriedenkmal Kokerei Hansa ein völlig neues Grün- und Freizeitgebiet. In Duisburg soll der 2009 eröffnete „RheinPark“ zwischen den Stadtteilen Hochfeld und Wanheimerort großzügig nach Norden und Süden erweitert und eine Rheinausbuchtung zum Freizeit- und Eventort ausgebaut werden. In Gelsenkirchen wird der Nordsternpark gärtnerisch auf den neuesten Stand gebracht und ein unerschlossener Teil der Emscher-insel für Besucher zugänglich gemacht. Hinzu kommen die Zukunftsgärten „Emscherland“ an der Stadtgrenze Castrop-Rauxel/Recklinghausen und „Landschaft in Bewegung“ in Bergkamen und Lünen.
Was hat es mit den drei
„Gartenebenen“ der IGA auf sich?
Neben dem Zugpferd Zukunftsgärten will die IGA bestehenden Parks und Grünzüge des Ruhrgebiets veredeln und sie besser erschließen. Aus den ursprünglich 80 Bewerbungen für diese zweite Ebene „Unser Garten“ hat der IGA-Beirat, der aus Planungs- und Umweltdezernenten der Region besteht, 39 Projekte in die engere Wahl genommen. Dazu gehören etwa der Bochumer Ostpark, die Essener Gruga, die Villa Hohenhof in Hagen, das MüGa-Gelände in Mülheim und das Wittener Muttental. Horst Fischer rechnet damit, dass am Ende 25 Projekte den IGA-Stempel erhalten. Mit der dritten Ebene „Mein Garten“ setzt die IGA auf Bürgerbeteiligung. Gefragt sind Privatgärtner und Kleingartenvereine. Sie sollen ihre Gärten für IGA-Besucher öffnen.
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Wie ist der Planungsstand?
„Wir liegen im Zeitplan“, sagt Horst Fischer. Derzeit konzentriere man sich vor allem auf die Zukunftsgärten. Die Gestaltungswettbewerbe sind abgeschlossen. 2023 folgen die Ausschreibungen für die Garten- und Landschaftsbauer - je nach Größe des Auftrags sogar europaweit. „Das sind die anspruchsvollsten Projekte“, so Fischer. Und die Teuersten. Vor allem die Preisexplosionen bei Holz, Stahl und anderen Baumaterialien, die man für Fundamente, Beeteinfassungen und Landschaftsgestaltung braucht, bereiten den IGA-Planern Kopfschmerzen. „Wir gehen bis 2026 von Kostensteigerungen in Höhe von 15 bis 20 Prozent aus“, sagt Fischer. Nicht auszuschließen, dass man „an der einen oder anderen Stelle reduzieren müsse“. Von einer abgespeckten IGA könne aber keine Rede sein, bekräftigt Fischer.
Welches Publikum will die IGA ansprechen?
Ein breites Publikum. 2,6 Millionen Besucher werden laut einer Studie erwartet. Wenn es gut läuft, sogar doppelt so viele. Allerdings müsse man auf einer so hochkarätigen Gartenschau mehr bieten als nur Blütenrausch, sagt Horst Fischer. „Ein Fünftel der Besucher ist erfahrungsgemäß Fachpublikum“, weiß der gelernte Gärtner und Landschaftsarchitekt. Und dann gibt es noch die vielen „interessierten Laien“, Menschen mit eigenen Gärten oder Balkonen, bei denen sich über die Jahre reichlich Erfahrungswissen angesammelt habe. „Viele Besucher erwarten auf einer Gartenschau innovative Lösungen für die eigenen Gartengestaltung“, so Fischer. „Die wollen wissen, welche Bäume und Gewächse klimaresilient sind. Das müsse wir bieten.“
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Wie verändert der Klimawandel die IGA-Planung?
Die Wetterverhältnisse in unserer Region mit ihrem Wechsel aus Starkregen und extremer Trockenheit nimmt unmittelbar Einfluss auf die IGA-Planung. Es gehe ja gerade darum, bestehende Grünanlagen klimaresilient umzubauen und neue Wege der Vegetation aufzuzeigen, sagt Horst Fischer. Gezeigt werden sollen Bäume und Sträucher, die mit Hitze und Trockenheit besser klar kommen als die bisher heimische Pflanzenwelt: Hopfenbuchen aus Südosteuropa, der Seidenbaum aus Ostasien, Mehlbeerbäume, die sich auf extremen Standorten halten, Lavendel und Rosmarin aus dem Mittelmeerraum. Auch mit Wasser will die IGA sparsam umgehen. Fischer: „Wir werden nicht alles bewässern können.“
Was kostet die IGA?
Grün geht ins Geld – das weiß jeder Gartenbesitzer. Die IGA-Gesellschaft taxiert die Investitionen – Stand heute – auf insgesamt 170 Millionen Euro, allein in die fünf Zukunftsgärten sollen rund 100 Millionen Euro fließen – auch für die Sanierung von Gebäuden wie den Nordstern-Kohlebunker. Hinzu kommen rund 84 Millionen Euro an Betriebskosten für das Programm im IGA-Jahr. Land und Bund fördern die IGA mit Millionensummen. Der Ticketverkauf soll 48 Millionen Euro in die Kasse spülen. Außerdem setzt man auf Sponsoren. Die Suche nach ihnen laufe gerade an, sagt Horst Fischer.