Düsseldorf. Hunderte Kinder ohne Schule, Unterricht wird gekürzt. NRW zwingt Lehrer in Mangel-Schulen. Gewerkschaften warnen: “Das bringt nichts.“
Das Problem, dass in Teilen des Ruhrgebietes Kinder wegen Lehrermangels nicht beschult werden können, dürfte kurzfristig nicht gelöst werden. Die Landesregierung hat zwar erste Lehrkräfte per „Abordnung“ in besonders betroffene Schulen geschickt. Dadurch werde die Personalnot andernorts aber nur größer, warnen Gewerkschafter.
Abgeordnete Lehrer fehlen dann an "ihren" Schulen
Dem Vorschlag, Personallücken durch Abordnungen von Lehrkräften zu mildern, kann die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in NRW wenig abgewinnen. „Das bringt so lange nichts, wie wir mit einer Mangelsituation auskommen müssen“, sagte NRW-Vorsitzende Ayla Celik dieser Redaktion. „Es kann nicht die Lösung sein, den Mangel an einer Schule zu beheben, indem man an einer anderen Schule Mangel schafft“, so Celik weiter. Stattdessen müsse der schulscharfe Sozialindex so ausgebaut werden, dass besonders belastete Schulen tatsächlich mehr Stellen zur Verfügung gestellt bekommen und diese auch vorrangig besetzt werden.
Zuzug ukrainischer Kinder überfordert die Schulbehörden
In Duisburg können bis zu 700 schulpflichtige Kinder und Jugendliche -- viele von ihnen sind ukrainische Kriegsflüchtlinge -- nicht beschult werden. In Gelsenkirchen wird an Grund- und Förderschulen Unterricht gekürzt, weil Lehrkräfte fehlen. In NRW wurden vor den Ferien rund 25.000 Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine gezählt. Aktuellere Zahlen liegen nicht vor.
Der Zuzug aus der Ukraine belaste vor allem jene Schulen, an denen bereits jetzt nicht alle Stellen besetzt werden können, so die GEW. Das sei in bestimmten Stadtteilen und im Ruhrgebiet und Rheinland der Fall. Hier fehlten nicht nur Lehrkräfte, sondern auch Räume. Laut Celik sollten zügig Verwaltungsassistenzen, Schulsozialarbeiterinnen oder Systemadministratoren eingestellt werden, um die Lehrkräfte zu entlasten.
VBE: "Einigen Schulen wurde bereits der Boden unter den Füßen weggerissen"
„Der Lehrkräftemangel bleibt vorerst die größte Herausforderung in ganz NRW. Einigen Schulen wurde bereits der Boden unter den Füßen weggerissen, andere Schulen stehen zumindest noch auf einem Bein“, sagte Stefan Behlau, NRW-Vorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE). Auch er meint: Abordnungen bringen wenig, „da hierdurch vermeintlich Löcher gestopft werden, jedoch zugleich neue Löcher an anderer Stelle provoziert werden.“ Die Personaldecke sei schlicht zu dünn.
Schulministerium arbeitet an Lösungen
Laut dem NRW-Schulministerium hat Ministerin Dorothee Feller (CDU) eine Arbeitsgruppe eingesetzt, „die bis zum Jahresende Maßnahmen entwickeln soll, um die Unterrichtsversorgung an den Schulen in NRW kurz-, mittel- und langfristig weiter zu verbessern.“ Verbeamtete Lehrinnen und Lehrer könnten für einen befristeten Zeitraum in eine andere Dienststelle abgeordnet werden, wenn dort Unterricht gesichert werden müsse. Wo besonders großer Personalbedarf bestehe, würden Abordnungen „bereits praktiziert“. Wie viele Pädagogen so „zwangsversetzt“ werden, ist nicht bekannt.
Das Ministerium erklärt, dass im Gegensatz zu einzelnen anderen Bundesländern die Schulpflicht in NRW für Kinder von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern und alleinstehende Kinder und Jugendliche, die einen Asylantrag gestellt haben, unmittelbar sobald sie einer Gemeinde zugewiesen worden sind, beginne und nicht erst nach mehreren Monaten Vorlauf. Dies stelle die hiesigen Behörden vor besondere Herausforderungen.