Essen/Düsseldorf. Stilfragen und Technikpannen: Die Grundsteuerreform sorgt bei immer mehr Bürgerinnen und Bürgern für Verdruss.

Die Unzufriedenheit vieler Bürgerinnen und Bürger mit der neuen Grundsteuer-Erhebung nimmt zu. Offenbar wegen hoher Nutzer-Anfragen brach zu Wochenbeginn die Steuer-Plattform „Elster“ zusammen. Außerdem ärgern sich Grundstückseigentümerinnen, dass im Anschreiben der Finanzbehörden nur ihre Ehemänner dazu aufgefordert werden, diese Steuererklärung online abzugeben.

"Überlastung war abzusehen"

Der Steuerzahlerbund NRW wundert sich über den zeitweiligen Zusammenbruch des Steuerportals nicht. „Bei der Masse von zu erwartenden Grundsteueranträgen war diese Überlastung abzusehen“, sagte Hans-Ulrich Liebern, Leiter der Steuerabteilung beim BdSt NRW, dieser Redaktion. Das Bayerische Landesamt für Steuern, das die Seite „Elster“ für Deutschland betreibt, schließt einen Hackerangriff als Ursache für die „technischen Schwierigkeiten“ aus.

Es geht um 35 Millionen Grundstücke

Den Feststellungsantrag für die Neuberechnung der Grundsteuer müssen allein in NRW die Eigentümer von 6,5 Millionen Grundstücken und Immobilien abgeben. Bundesweit sind mehr als 35 Millionen Eigentümer betroffen. Die Beantragungsfrist hatte am 1. Juli begonnen. Einreichen können die Betroffenen die Grundsteueranträge ausschließlich online über „Elster“ – und noch bis zum 31. Oktober.

Kritik am Informationsschreiben

Der Steuerzahlerbund kritisiert zudem die Praxis der Finanzbehörden, die Informationsschreiben ausschließlich an die Männer zu adressieren, selbst wenn Ehepaaren, aber auch nicht-verheirateten Paaren die Immobilie gemeinsam gehört, was nicht ganz unüblich ist. „Dass die Ehefrauen oder andere Lebenspartner als Miteigentümer nicht angeschrieben und in den Schreiben nicht einmal erwähnt werden, ist völlig aus der Zeit gefallen“, sagte Hans-Ulrich Liebern. Auch bei einer Eigentümergemeinschaft werde nur ein einziger Miteigentümer angeschrieben. Die Ungleichbehandlung betreffe im Übrigen auch andere Steuerbescheide. „Wir bemängeln diese Praxis schon seit Jahren“, so Liebern.

Die Finanzverwaltung sagte, es gebe „keine Bevorzugung von Männern oder Frauen im Rahmen der Adressierung der Info-Schreiben“. Die Infobriefe würden aus technischen Gründen immer an die oder den zuerst in den Daten des Finanzamts gespeicherten Eigentümer oder Eigentümerin versandt. Im Gegensatz zur Zusammenveranlagung bei der Einkommensteuererklärung würde bei der Grundstücksbewertung ein Ehepaar nicht als solches adressiert, denn steuerrechtlich sei dies „irrelevant“. Die weiteren Eigentümer seien – wenn auch nicht erkennbar – den Ämtern bekannt. Die angeschriebene Person werde darum gebeten, „die weiteren Miteigentümerinnen und Miteigentümer über die Inhalte des Schreibens zu informieren“.

"Anschreiben manifestiert völlig überkommenes Weltbild"

SPD-Landtagsfraktionsvize Lisa-Kristin Kapteinat sieht wegen dieser Ungleichbehandlung von Männern und Frauen Handlungsbedarf: „Dass die Finanzverwaltung die Kritik mit dem Argument technischer Gründe loswerden will, ist völlig unpassend. Denn es ist ja nicht das erste Mal, dass Frauen in offiziellen Anschreiben aus dem Geschäftsbereich des Finanzministeriums nicht berücksichtigt werden. Die Finanzverwaltung muss Anschreiben so umstellen, dass beide Ehepartner genannt werden“, sagte Kapteinat dieser Redaktion.

Anschreiben, die Männer bevorzugten, manifestierten ein völlig überkommenes Weltbild. „Das ist nicht zu tolerieren“, so Kapteinat. Zumal es auch nicht jeder Lebenssituation gerecht werde, nur einen von mehreren Grundstückseigentümern zu adressieren und anzusprechen. „Was ist etwa mit Eheleuten, die sich getrennt haben?“ Auch für Hans-Ulrich Liebern vom Steuerzahlerbund ist diese Art der Adressierung „völlig aus der Zeit gefallen“. Sie sei aber leider auch bei anderen Steuerbescheiden gängige Praxis.