Essen. Für viele Bürger sind die hohen Grundsteuersätze ein Ärgernis. Nun wird deutlich: Fast nirgends ist die Abgabe so hoch wie in NRW.
Bürger in NRW zahlen im bundesweiten Vergleich die im Schnitt mit Abstand höchste Grundsteuer. Nur in den Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen fällt die Abgabe auf Wohnflächen, die in der Regel auch Mieter leisten müssen, noch höher aus als an Rhein und Ruhr. Auch bei den so genannten Hebesätzen, mit denen die Kommunen die Höhe der Grundsteuer selbst festlegen können, liegt NRW weit vorn.
Wie aus dem aktuellen Realsteuer-Vergleich des Statistischen Bundesamtes hervorgeht, entrichtet jeder NRW-Bürger rein rechnerisch rund 206 Euro Grundsteuer B für bebaute und bebaubare Grundstücke im Jahr. Das ist nahezu ein Fünftel mehr als im bundesweiten Schnitt (166 Euro) üblich. Im bei dieser Pro-Kopf-Berechnung auf Rang 2 stehenden Hessen liegt der Jahreswert bei 183 Euro, in Bayern sind es sogar nur 137 Euro. Die Bundesländer mit den niedrigsten durchschnittlichen Grundsteuererträgen liegen allesamt im Osten, allen voran Sachsen-Anhalt und Brandenburg. Mit jeweils rund 106 Euro werden die Bürger dort nur etwa halb so hoch belastet wie in NRW.
Spitzenreiter ist NRW auch beim durchschnittlichen Hebesatz. Er betrug bei der Grundsteuer B 570 Punkte, der deutsche Durchschnitt lag bei 472 Punkten. Deutlich niedriger sind die Sätze in Schleswig-Holstein (393), Bayern (394) und Baden-Württemberg (397). Nur Bremen und Berlin haben noch höhere Hebesätze als NRW.
Große Kluft auch bei der Gewerbesteuer
Bundesweit große Unterschiede gibt es auch bei den Gewerbesteuererträgen. Mit Einnahmen von 55,8 Milliarden verzeichneten Städte und Gemeinden 2018 bundesweit zwar ein ordentliches Plus von 5,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Doch das Ruhrgebiet rangiert bei dieser neben der Grundsteuer B wichtigsten kommunalen Einnahmequelle unter ferner liefen. Die höchste Gewerbesteuereinnahme im Revier erreicht noch die Konzernstadt Essen mit 423 Millionen Euro. Im kaum größeren Düsseldorf waren es mit 959 Millionen Euro mehr als doppelt so viel.
Rechnet man die Zahlen des Statistischen Bundesamtes zusammen, nimmt das gesamte Ruhrgebiet mit rund 2,8 Milliarden Euro kaum mehr Gewerbesteuern ein als München (2,7 Milliarden) – bei mehr als dreimal so viel Einwohnern. Weiteres Beispiel: Mit jeweils 170.000 Einwohner sind Ludwigshafen und Mülheim gleich groß. Doch die pfälzische Heimat des Chemie-Riesen BASF kassierte 200 Millionen Euro Gewerbesteuern, Mülheim 80 Millionen.
Wie das Statistische Bundesamt weiter mitteilte, erzielten die Gemeinden in Deutschland im vergangenen Jahr mit rund 14,2 Milliarden Euro die bislang höchsten Grundsteuereinnahmen seit 1991. Auf die Grundsteuer B entfielen dabei 13,8 Milliarden Euro, davon mehr als 3,7 Milliarden Euro allein in NRW. Dies war ein Anstieg um 1,8 Prozent gegenüber 2018. Die höchste Zunahme bei den Flächenländern verbuchte das Saarland mit 6,4 Prozent.
Die hohen Grundsteuer-Hebesätze an Rhein und Ruhr sind seit langem umstritten – und vielen Bürgern ein Dorn im Auge. Insbesondere Ruhrgebietsstädte hatten die Sätze aus blanker Finanznot in jüngster Vergangenheit massiv heraufgesetzt, auch um Sparvorgaben des Landes zu erfüllen. Duisburg (855 Punkte), Hattingen (875 Punkte) und Witten (910 Punkte) gehören in dieser Disziplin bundesweit zur Spitzengruppe. Düsseldorf hingegen kann es sich leisten, den Hebesatz seit Jahren unverändert bei 440 Punkten zu belassen.
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Freilich wird sich die Verteilung der Grundsteuerlast in Deutschland künftig deutlich verschieben. Nach der vom Verfassungsgericht verfügten Reform der Abgabe ringen Bund und Länder seit Monaten um neue Berechnungsmodelle. Die Reform soll dabei zwar aufkommensneutral sein. Das aber heißt nur, dass die Gesamtsumme von rund 14 Milliarden gleich bleibt, nicht aber das individuelle Aufkommen. Nach dem Modell von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) soll für die künftige Berechnung der Grundsteuer neben dem Boden- auch der durchschnittliche Mietwert einer Immobilie ermittelt werden.
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Allerdings soll es eine Öffnungsklausel für die Bundesländer geben. Bayern hatte bereits angekündigt, auf ein einfaches Flächenmodell zu gehen. In der NRW-Landesregierung gibt es bislang noch keine Festlegung. Bund und Länder müssen sich in den nächsten Wochen einigen. Nach dem richtungsweisenden Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom April 2018 muss das Gesetzesverfahren für die Reform bis zum Ende des Jahres abgeschlossen sein. Andernfalls dürfen die Städte ab Januar 2020 keine Grundsteuer mehr erheben. Das wäre für die Kommunen eine Katastrophe. Karlsruhe hatte die bisherige Grundsteuer-Berechnung unter anderem wegen der jahrzehntealten steuerlichen Einheitswerte der Immobilien für verfassungswidrig erklärt.