Essen. Bis 2040 wird die Zahl der über 65-Jährigen an der Ruhr um fast 17 Prozent steigen, heißt es auf der Sozialkonferenz des RVR.

Wohnen, Pflege, Versorgungsstrukturen: Die zunehmende Alterung der Gesellschaft stellt insbesondere das Ruhrgebiet mit seinem regional ausgeprägten sozialen Gefälle vor große Probleme.

Ruhrgebiet altert etwas langsamer als Gesamt-NRW

Zwar altert das Revier insgesamt etwas langsamer als der Rest Nordrhein-Westfalens. Bis 2040 wird die Zahl der über 65-Jährigen an der Ruhr um fast 17 Prozent steigen, NRW-weit liegt dieser Wert bei über 25 Prozent. Doch der Anteil der Menschen, die als pflegebedürftig gelten, ist im Ruhrgebiet schon jetzt höher als im Landesschnitt.

Nach den jüngsten Daten des Instituts für Arbeit und Technik in Gelsenkirchen waren 2019 an der Ruhr mehr als 290.000 Menschen pflegebedürftig. Allein zwischen 2001 und 2015 habe der Anteil der Pflegebedürftigen im Revier um rund ein Viertel zugenommen.

Generation der Babyboomer geht in Rente

Vorgestellt wurden die Zahlen auf der Sozialkonferenz des Regionalverbandes Ruhr (RVR). Die virtuelle Tagung lenkte am Dienstag den Blick auf die „Zukunft des Alterns“ im größten deutschen Ballungsraum. „Wenn die Generation der Babyboomer in Rente geht, wird dies zur Belastungsprobe für die Sozialsysteme werden. Rein materielle Ansätze wie mehr Geld, Personal oder Wohnraum werden langfristig nicht ausreichen“, umschrieb RVR-Regionaldirektorin Karola Geiß-Netthöfel das Problem.

„Kasernierung in Sonderwohnwelten für das hohe Alter“

Der Kölner Altersforscher Prof. Frank Schulz-Nieswandt forderte angesichts des demographischen Wandels mehr Vielfalt und Fantasie bei Wohnformen für Ältere und Pflegebedürftige. Schulz-Nieswandt kritisierte das derzeit vorherrschende Angebot an altersgerechtem Wohnen provozierend als „primitiv“. Pflegebedürftige Menschen hätten nur die Auswahl zwischen einer Betreuung in privaten Wohnungen oder eine „Kasernierung in Sonderwohnwelten für das hohe Alter“, also Pflegeheimen. „Wir müssen hybride Wohnformen vorantreiben und dafür Geld investieren“, so der Soziologe.

Im Revier überdurchschnittlich hoher Altenquotient

Laut den Daten des Gelsenkirchener Instituts fällt im Ruhrgebiet besonders der sogenannte Altenquotient überdurchschnittlich aus. Der Wert beschreibt das Verhältnis zwischen Senioren und Menschen im Erwerbsalter. Er liegt im Revier bei 31,9 (NRW: 30,5). Zudem gibt es große regionale Unterschiede. Mülheim, Dorsten und Hattingen haben Altenquotienten von 35 und mehr. In Gelsenkirchen, Duisburg und Dortmund ist der Anteil der Menschen im Rentenalter pro 100 Erwerbstätige deutlich niedriger.