Düsseldorf. Viel Arbeit: Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) zieht Bilanz nach drei Jahren als Antisemitismusbeauftragte des Landes.

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) möchte unter einer neuen Landesregierung weiter als Antisemitismusbeauftrage in NRW arbeiten. „Es gibt kein Enddatum bei meiner Berufung. Ich denke, dass das weiter gehen wird“, sagte die 70-jährige Ex-Bundesjustizministerin am Donnerstag bei einer Drei-Jahres-Bilanz ihrer Tätigkeit. Sie habe in NRW Parteien übergreifend viel Unterstützung erfahren.

Pandemie als "Treiber" des Antisemitismus

Wenn die Analyse der liberalen Politikerin zur Entwicklung der Judenfeindlichkeit zutrifft, ist NRW gut beraten, dem Thema weiter besondere Aufmerksamkeit zu schenken. „Antisemitismus ist leider zunehmend. Er wird deutlich sichtbarer, und die Pandemie ist ein Treiber für neue Ausdrucksformen des Antisemitismus“, sagte die Juristin.

Im Jahr 2021 erfasste die Polizei in NRW 437 Straftaten mit antisemitischem Hintergrund, Tendenz steigend. Die meisten Taten kämen aber nie zur Anzeige. Um dieses „Dunkelfeld“ zu erhellen, hat NRW auf Empfehlung Leutheussers eine Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (Rias) eingerichtet. In den Staatsanwaltschaften wurden 22 Antisemitismus-Beauftragte benannt, eine Studie zu Antisemitismus in der Schule läuft.  Auf Schulhöfen habe „Du Jude“ andere Schimpfwörter ersetzt. Leutheusser-Schnarrenberger rät dazu, die Beschäftigung mit Antisemitismus „verpflichtend“ zum Teil der Lehrerausbildung zu machen.

Uralte Vorurteile im neuen Gewand

Gerade in sozialen Medien seien Juden zuletzt beschimpft und antisemitische Codes verbreitet worden. Uralte Vorurteile würden in aktuellen Verschwörungstheorien erneut auftauchen, so dass es zum Beispiel heißt, „die Juden wollten mit dem Impfen Geld verdienen“. Wenn Corona-Leugner gelbe Sterne mit dem Wort „ungeimpft“ tragen, wird laut Leutheusser-Schnarrenberger der Holocaust verharmlost: „Wie kann man sich in einer Demokratie, in der jeder demonstrieren kann, gleichsetzen mit den Opfern des Holocaust?“, fragte sie.

Strafanzeige gegen die russische Staatsführung

Die jüngsten antisemitischen Äußerungen des russischen Außenministers Sergej Lawrow nannte die FDP-Politikerin „unsäglich“. Übrigens: Zusammen mit Ex-Bundesinnenminister Gerhard Baum (FDP) hat Leutheusser-Schnarrenberger beim Generalbundesanwalt eine Strafanzeige gegen die russische Staatsführung wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Ukraine eingereicht.