Essen. Allein in drei Revierstädten ist das Pro-Kopf-Einkommen nicht einmal halb so hoch wie bei den Spitzenreitern des bundesweiten Rankings.

Die regionalen Einkommensunterschiede in Deutschland sind nach wie vor groß. Einer neuen Studie zufolge kann besonders das Ruhrgebiet seinen Ruf als einkommensschwache Region nicht abschütteln. Denn das niedrigste durchschnittliche verfügbare Pro-Kopf-Einkommen gibt es laut einer aktuellen Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung mit 17.015 Euro beziehungsweise 17.741 Euro in Gelsenkirchen und Duisburg. Mit 18.907 Euro findet sich aus Herne am unteren Ende der Skala.

Spitzenreiter sind Heilbronn und der Landkreis Starnberg

Spitzenreiter im Einkommensranking aller 401 deutschen Landkreise und kreisfreien Städte war der Studie zufolge Heilbronn mit einem durchschnittlichen verfügbaren Pro-Kopf-Einkommen von 42.275 Euro. Auf Platz zwei folgte der Landkreis Starnberg mit 38.509 Euro. Die durchschnittlichen verfügbaren Pro-Kopf-Einkommen waren bei den beiden Spitzenreitern damit mehr als doppelt so hoch wie bei den Schlusslichtern aus dem Ruhrgebiet. Im Schnitt lag das verfügbare Pro-Kopf-Einkommen bundesweit bei 23.706 Euro.

Staatliche Umverteilungsmechanismen verringern Effekte

Die Auswirkungen der Unterschiede beim Pro-Kopf-Einkommen werden laut WSI allerdings durch staatliche Umverteilungen etwa über Steuern und Sozialleistungen etwas verringert. „Die Analyse zeigt, dass das System staatlicher Abgaben und Transfers, zu denen etwa Kindergeld, Arbeitslosengeld oder Rentenzahlungen zählen, einen erheblichen Beitrag zur Angleichung der Einkommen in der Bundesrepublik leistet“, betonten die WSI-Forscher. Dies trage auch dazu bei, dass die Lebensverhältnisse in Deutschland regional nicht noch deutlich weiter auseinandergingen.

Einkommensgefälle von West nach Ost

Außerdem trägt das regional unterschiedliche Preisniveau der Studie zufolge unter dem Strich ebenfalls zu einer gewissen Angleichung der Einkommen bei. Regionen mit hohem Einkommen hätten tendenziell auch höhere Mieten und sonstige Preise. „Die Leute haben dann zwar mehr Geld im Portemonnaie, können sich aber nicht in gleichem Maße mehr leisten“, erklärt WSI-Wissenschaftler Toralf Pusch.

Bei ihrer Untersuchung stützten sich die WSI-Experten auf die aktuellsten verfügbaren Daten aus der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung der Länder für 2019.

Weitere Ergebnisse der Studie: Das Einkommensgefälle von West nach Ost ist auch mehr als drei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung nicht verschwunden. So gibt es laut WSI im Osten mit dem Landkreis Potsdam-Mittelmark (24.127 Euro) nur einen Kreis, in dem das verfügbare Pro-Kopf-Einkommen den Durchschnitt für die Bundesrepublik von 23.706 Euro überschreitet.

In den alten Ländern bestehe zudem ein Nord-Süd-Gefälle. Im Durchschnitt liegt das Pro-Kopf-Einkommen in Bayern und Baden-Württemberg den Eingaben nach etwa 2600 Euro höher als im übrigen Westdeutschland.

Überschaubare Zahl sehr reicher Haushalte beeinflusst Zahlen in kleineren Städten

Insbesondere in einigen kleineren Städten oder ländlichen Gebieten mit sehr hohen Einkommen werde das Durchschnittseinkommen außerdem durch eine überschaubare Zahl sehr reicher Haushalte spürbar beeinflusst, betonten die Wissenschaftler. So sei die Spitzenposition von Heilbronn im Einkommensranking wohl nicht zuletzt auf den in der Region ansässigen Eigentümer einer großen deutsche Discounter-Kette und seine Stiftungen zurückzuführen.

Unter dem verfügbaren Einkommen verstehen die Wissenschaftler das Primäreinkommen, also die Summe der Einkommen aus Vermögen und Erwerbstätigkeit, minus Sozialbeiträge, Einkommensteuern, Vermögensteuern und sonstige direkte Abgaben. Dazu rechnen sie Sozialleistungen und sonstige öffentliche Transfers. Zudem werden etwa Leistungen wie Kfz- oder Haftpflichtversicherungen hinzugezählt. Im Ergebnis steht das am Wohnort verfügbare Einkommen der privaten Haushalte, das für Konsum verwendet oder gespart werden kann. Schließlich wurde das verfügbare Einkommen durch die Gesamtbevölkerung dividiert, um das Pro-Kopf-Einkommen zu erhalten.   (mit dpa)