Essen. Die drohende Omikron-Virusvariante hatte gerade die kritische Infrastruktur besorgt. Zu vielen Ausfällen ist es aber nicht gekommen.

Versorger, Kliniken, Müllabfuhr, Nahverkehr, Transportwesen: Anfang des Jahres hatte die drohende Omikron-Welle die sogenannte kritische Infrastruktur in Alarmstimmung versetzt. Was passiert mit der Grundversorgung, wenn es wegen hoher Infektions- und Quarantänezahlen zu massenhaften Personalausfällen kommt? In NRW arbeiten immerhin über 2,6 Millionen Menschen in diesem Sektor. Nun zeigt sich: Probleme gab und gibt es. Die schlimmsten Befürchtungen erfüllten sich aber nicht. Ein Überblick.

Nahverkehr: Nur vereinzelt wurden Fahrpläne reduziert

Vor allem bei den Verkehrsunternehmen der Region war die Sorge groß, dass die leicht übertragbare Omikron-Variante des Corona-Virus in Kombination mit dem im Winter ohnehin höheren Krankenstand unter Bus- und Straßenbahnfahrern die eng getakteten Fahrpläne im Ruhrgebiet aus dem Rhythmus bringen könnte. In Herne und Hamm ist dies genau geschehen.

Der Herner Verkehrsbetrieb HCR kann seine insgesamt 22 Buslinien im Stadtgebiet und in Castrop-Rauxel derzeit nur im reduzierten Samstagsfahrplan anbieten. Ein Viertel der insgesamt 200 Fahrdienstmitarbeiter sind erkrankt oder in Quarantäne. Immerhin kommt es aktuell nicht zum Ausfall ganzer Linien, wie HCR-Sprecher Dirk Rogalla dieser Redaktion bestätigte. Auch die Schülerverkehre seien sichergestellt. „Gerettet“ habe den Fahrplan auch, dass Mitarbeiter vorzeitig aus dem Urlaub wieder den Dienst aufgenommen hätten. Der Notfahrplan in Herne gilt zunächst bis Ende dieser Woche.

Hamm kämpft seit dem 7. Februar mit einer Krankheitswelle unter den Busfahrer der örtlichen Stadtwerke. Von circa 120 Busfahrerinnen und Busfahrern waren 37 gleichzeitig erkrankt. Nach Angaben von Stadtwerke-Sprecherin Cornelia Helm war allerdings nur ein Drittel davon mit Corona infiziert. Inzwischen habe sich der Krankenstand auf 30 Mitarbeiter reduziert. Auf einzelne Linien fallen aber immer noch Fahrten aus.

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Entwarnung geben derweil Bogestra, Duisburger Verkehrsgesellschaft und die Dortmunder DSW21. Diese drei großen Verkehrsgesellschaften des Ruhrgebiets konnten ihr Fahrplanangebot trotz Corona- und Quarantänefällen bislang aufrechterhalten. „In der gegenwärtigen Omikron-Welle spüren wir im Fahrdienst einen etwas erhöhten Krankenstand, wobei auch klassische Erkältungen mit hineinspielen“, sagte DSW21-Verkehrschef Hubert Jung. Fahrtausfälle oder Angebotsreduzierungen gibt es Dortmund bislang nicht. Jung gibt sich zudem optimistisch: „Angesichts des nahenden Scheitelpunkts der Omikron-Welle sind wir vorsichtig zuversichtlich, dass uns dies auch weiterhin gelingt abzuwenden.“

Sicherheit & Gesundheit: Kliniken sind stark belastet

Bei der Polizei gibt man sich naturgemäß schmallippig zu der Frage, wie viele Personalausfälle aktuell die Kreispolizeibehörden belasten. Konkrete Angaben machen weder Dienststellen vor Ort noch das NRW-Innenministerium. Einzelne Behörden wie etwa die Polizei Duisburg berichten von nur vereinzelten Infektionen. Größere Ausfälle habe es nicht gegeben und auch Krisenpläne, nach denen im Notfall Personal aus anderen Behörden angefragt werden kann, mussten nicht in die Tat umgesetzt werden. Das NRW-Innenministerium betonte auf Nachfrage, dass es aktuell keine Hinweise darauf gebe, dass die Einsatzfähigkeit der Polizei in NRW wegen der Pandemie beeinträchtigt sein könnte. Das Ministerium verweist in diesem Zusammenhang auch auf eine hohe Impfquote von 96 Prozent.

Auch der NRW-Feuerwehrverband spricht von einer überschaubaren Anzahl von Infektionen unter Beschäftigten im Land. Unvorsichtig werde man deshalb nicht, betont Simon Heußen, Leiter der Bochumer Feuerwehr. „Wir halten weiterhin an unseren Schutzmaßnahmen fest und bleiben vorsichtig.“ Dazu gehöre weiterhin, dass Brandschutz und Rettungsdienst auf der Bochumer Wache in getrennten Bereichen untergebracht sind.

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Ganz anders ist die Lage in einigen Kliniken in NRW. Nach Angaben des NRW-Gesundheitsministeriums kommt es in einer „Reihe von Krankenhäusern“ inzwischen zu „kurzfristigen Einschränkungen in der Versorgung“. Ein Beispiel: Am Uniklinikum Düsseldorf fehlten trotz hoher Impfquote Ende vergangener Woche über 200 Beschäftigte aus Ärzteschaft und Pflegebereich wegen einer Covid-Infektion oder wegen Quarantäne. Planbare und nicht dringenden Operationen könnten unter Umständen kurzfristig verschoben werden.

Energieunternehmen: Feldbetten nicht genutzt

Feldbetten standen bereit, aber sie mussten nicht genutzt werden: Energieunternehmen aus der Region berichten, dass sie bislang ohne größere Probleme durch die Omikron-Welle gekommen seien. So betont der Essener Energieriese Eon, dass es aktuell weder Personalengpässe noch sonstige Einschränkungen der Geschäftstätigkeit gebe. Extreme Maßnahmen, wie etwa das zeitweise Unterbringen von Beschäftigten an ihren Arbeitsstellen, sind nicht zum Tragen gekommen.

Auch bei kommunalen Versorgern bleibt die Zahl der Ausfälle überschaubar: Die Essener Stadtwerke, die für den Notfall sogar zusätzliches Personal geschult hatten, musste zu solchen Maßnahmen gar nicht erst greifen. Die Stadtwerke verweisen auch darauf, dass es in den besonders sensiblen Bereichen eine Impfquote von 100 Prozent gebe.

Entsorgung: Mülltonnen blieben nur selten länger stehen

Als angespannt, aber aktuell beherrschbar, beschreibt Matthias Kienitz, Prokurist der Entsorgung Dortmund GmbH, die Corona-Lage. Seit etwa zwei Wochen sei eine steigende Anzahl von Corona-Fällen zu verzeichnen. 44 Infektionen bei einer Belegschaft von rund 1100 Menschen nennt Kienitz. Mülltonnen sind deshalb nicht stehen geblieben: Um Ausfälle aufzufangen, seien Beschäftigte aus anderen Bereichen abgezogen worden.

Anders etwa in Bochum: Wegen eines hohen Krankenstandes auch infolge der Omikron-Welle musste der Umweltservice Bochum (USB) Anfang des Monats ankündigen, dass sich Leerungen verzögerten. Dabei sei es um wenige Tage gegangen, betont ein Sprecher auf Nachfrage, ausgefallen seien Leerungen nicht. Inzwischen seien die Krankenstände zudem wieder zurückgegangen.

Wirklich gravierende Personalengpässe sind auch dem Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft nicht bekannt. Zu extremen Maßnahmen wie einer Kasernierung von Beschäftigten habe man bundesweit nicht greifen müssen. Auch nicht die Emschergenossenschaft, die in den drei großen Kläranlagen in Dortmund, Dinslaken und Bottrop schon Feldbetten für ihre Fachkräfte bereitgestellt hatte. Der Krankenstand liegt aktuell bei unter fünf Prozent, so ein Sprecher

Transport & Logistik: Lkw-Fahrten fallen aus

Sorgenfalten gibt es weiterhin bei den Spediteuren. Zwar blieb auch im Logistik-Bereich das Wort-Case-Szenario von im großen Stil zusammenbrechenden Lieferketten und leer gefegten Supermarktregalen aus. Doch die Branche bleibt alarmiert. Zahlreiche Lkw-Fahrten fielen allein deshalb aus, weil gesunde Fahrer in Quarantäne müssten, sagt Marcus Hover vom Verband Verkehrswirtschaft und Logistik NRW. Termintreue werde so zum Fremdwort.

Die Branche hadert vor allem mit den vorherrschenden Quarantäne-Regeln. Wie andere Betroffene auch müssen sich Lkw-Fahrer zuhause isolieren, können also, auch wenn sie selbst nicht infiziert sind oder keine Symptome zeigen, nicht auf die Straße „Dabei gibt es kaum einen sicheren Ort für Quarantäne als das Führerhaus eines Lkw“, so Hover