Düsseldorf. Von jetzt auf gleich schafft NRW die Individual-Proben bei PCR-Lollitests ab. Was heißt das für Kinder und Eltern? Antworten auf wichtige Fragen.

Die Nachricht, dass wegen der stark ausgelasteten Labore Corona-Infektionen unter Grundschülern in NRW ab sofort nicht mehr mit zwei Lolli-Tests bestätigt werden, trifft Schulleitungen, Lehrpersonal und Kinder mitten im Corona-Stress unerwartet und hart. Rufe nach dem Rücktritt der Schulministerin werden unter Lehrergewerkschaftern laut. Die Nerven liegen blank, auch deshalb, weil es immer mehr Mühe kostet, den Präsenzunterricht in der Omikron-Welle aufrecht zu erhalten. Ein Überblick.

Was ändert sich bei den PCR-Lolli-Tests für Grundschüler?

Diese so genannten Pool-Tests werden zwar nicht abgeschafft, aber die Labore erhalten zusammen mit dem Pool-Test für eine ganze Klasse keine einzelnen PCR-Rückstellproben mehr. Das bedeutet, dass nicht mehr im Labor herausgefunden werden kann, welches Kind in einer Klasse infiziert ist. Schülerinnen und Schüler eines positiv getesteten Pools werden erst am nächsten Tag zu Unterrichtsbeginn mit Antigen-Schnelltests getestet. Bei den Förderschulen bleibt es bei dem bisherigen aufwändigen Verfahren mit Pool-Test und Rückstellprobe.

Erhöht das neue Testverfahren das Ansteckungsrisiko?

Ja, sagen die Lehrer. Eltern und Beschäftigte verstehen nicht, warum eine im genauen PCR-Laborverfahren positiv getestete Klasse am nächsten Morgen zum Selbsttest in die Schule gehen soll. „Dieses Vorgehen bedeutet eine Inkaufnahme weiterer Ansteckungen und Verbreitung des Virus“, sagt die Landesvorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW NRW, Ayla Çelik. Schon jetzt herrsche Personal- und Raummangel, so dass unklar sei, wie und wo positiv getestete Kinder bis zur Abholung durch ihre womöglich berufstätigen Eltern betreut werden sollen.

Prof. Ulf Dittmer, Direktor des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Essen, plädiert dafür, in der jetzigen Omikron-Welle mit extrem hohen Infektionsraten in allen Schulen, also auch in Grundschulen, nur noch Antigen-Schnelltests durchzuführen.

Wie häufig sind positive PCR-Lolli-Tests?

Laut dem NRW-Schulministerium sind im Moment etwa 20 Prozent aller Pool-Tests in Grund- und Förderschulen positiv. Insgesamt steigt die Zahl der Corona-Infektionen unter Schülern in NRW deutlich. Die Zahl der Schülerinnen und Schüler aller Schulformen, die Corona-bedingt nicht am Präsenzunterricht teilnehmen können, hat sich in NRW zuletzt im Wochenvergleich auf mehr als 100.000 verdoppelt.

Sind auch Kitas von den Labor-Engpässen betroffen?

Prinzipiell schon, doch nur knapp 30 Prozent der Kitas in NRW hatten PCR-Lolli-Tests bislang eingeführt. Familienminister Joachim Stamp (FDP) hat den betroffenen Jugendämtern am Mittwoch angeboten, wieder normale Schnelltests zu liefern.

Wer ist schuld an der Überlastung der Labore?

Deutschland hat im Vergleich zu anderen europäischen Ländern nur geringe Laborkapazitäten und lange stärker auf die Antigen-Schnelltests gesetzt. Durch den explosionsartigen Anstieg der Infektionszahlen können die Massen an täglichen PCR-Tests, die einen positiven Schnelltest amtlich bestätigen sollen, nicht mehr schnell genug untersucht werden. Bund und Länder haben deshalb beschlossen, die Kapazitäten auf bestimmte Berufsgruppen im medizinisch-pflegerischen Bereich zu konzentrieren. Schulen und Kitas fallen nicht darunter. Der Landesregierung wird vorgeworfen, die Engpässe zu lange ignoriert und die Schulen schlecht informiert zu haben.

Wie begründet die Landesregierung diesen Schritt?

Sie weist jede Verantwortung für das Abspecken der Tests für Grundschüler von sich. Das bis dato gut funktionierende Testsystem werde von zwei Seiten „angegriffen“, so NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP). Einerseits vom ausufernden Infektionsgeschehen in der Omikron-Welle. Andererseits sieht die Ministerin die Schuld bei der Bundesregierung. Bund und Länder hätten bei ihrem letzten Treffen eine Priorisierung der Test-Kapazitäten verabredet, in die das System Schule „leider nicht hereinfällt“, so Gebauer. Sie „bedaure dies sehr“. Schule sei systemrelevant und gehöre zur kritischen Infrastruktur.

Warum wurden Schulen und Eltern so kurzfristig informiert?

Die Schulministerin beteuert, sie habe keine Möglichkeit gehabt, die entsprechende Schulmail vor der Nacht zum Mittwoch zu verschicken. Bund und Länder hätten die Priorisierung der PCR-Tests ja erst am Montagnachmittag beschlossen. Kritiker weisen darauf hin, dass die Test-Kapazitäten in den Laboren schon seit Wochen schwinden.

Was sagen Schülerinnen und Schüler?

Die LandesschülerInnenvertretung NRW (LSV) hält es für „unverantwortlich“, dass aufgrund von Überlastung der Labore in den Grundschulen nur noch Pooltests, aber keine individuellen Nachtests mehr durchgeführt werden. „Unter diesen Umständen ist ein sofortiges Aussetzen der Präsenzpflicht zwingend erforderlich“, schreibt die LSV in einer Mitteilung.