Essen. Die Revierkommunen konnten trotz Krise kräftig investieren. Doch Altschulden und Soziallasten bleiben ein großes Problem.

Die Ruhrgebietsstädte sind finanziell bislang bemerkenswert gut durch die Corona-Krise gekommen. Die unter permanenter Geldknappheit leidenden Revierkommunen waren im ersten Corona-Jahr 2020 sogar in der Lage, Altschulden zu tilgen und kräftig zu investieren. Das sind die positiven Botschaften des neuen Kommunalfinanzberichtes für das Ruhrgebiet, den der Regionalverband Ruhr (RVR) am Donnerstag vorstellte. Insgesamt aber ist die Bilanz des Berichtes gemischt.

Ausdruck neuer Stabilisierungspolitik

„Dass die Städte mitten in der Krise Investitionen tätigen konnten, ist ein ermunterndes Zeichen und Ausdruck einer neuen Stabilisierungspolitik“, lobte der renommierte Finanzexperte Prof. Martin Junkernheinrich als Autor der Studie. Noch in der Finanzkrise 2009/10 habe der Bund die Kommunen zunächst finanziell abstürzen lassen und ihnen erst im Nachgang unter die Arme gegriffen, sagte Junkernheinrich. Diesmal aber habe Berlin eine vorausschauende Krisenpolitik betrieben.

Als Beispiel nannte der Finanzwissenschaftler und Professor für Stadt-, Regional- und Umweltökonomie an der TU Kaiserslautern unter anderem die befristete Übernahme corona-bedingter Gewerbesteuerausfälle durch Bund und Länder, einen höheren Bundesanteil an kommunalen Sozialleistungen und verschiedene Kommunalpakete des Landes.

Altschulden und Soziallasten bleiben hoch

Wasser in den Wein goß Junkernheinrich an anderer Stelle des Finanzbericht. Denn noch immer leidet das Revier unter seinem riesigen Altschuldenberg und hohen Soziallasten. Das habe die Aufholjagd gegenüber reicheren Regionen in Deutschland auch in der Pandemie ausgebremst, so Junkernheinrich. Zwar seien die Haushalte ausgeglichen und die Städte hätten sogar Überschüsse erwirtschaftet. Doch der Schuldenabbau sei überwiegend durch den Griff in die Rücklagen etwa für Pensionsrückstellungen und Abschreibungen erfolgt - aus Mitteln also, die eines Tages wieder gebraucht würden.

Auch andere Städte erhielten Unterstützung

Die Corona-Entlastungen des Bundes seien überdies allen Kommunen in Deutschland zugute gekommen. Das drückt sich auch in den Zahlen des Berichts aus: Die kommunalen Investitionen im Ruhrgebiet stiegen 2020 zwar erheblich an, lagen aber mit einem Pro-Kopf-Wert von 235 Euro erheblich unter dem Durchschnitt der westdeutschen Flächenländern (knapp 400 Euro.) Umgekehrt das Bild bei den Soziallasten: Jeder Ruhrgebietsbürger ist hier mit 920 Euro belastet, im westdeutschen Mittel sind es nur 667 Euro.