Essen/Düsseldorf. Allein von April bis Juni fehlen den NRW-Kommunen landesweit 1,5 Milliarden Euro aus der Gewerbesteuer. Niederrhein und Revier stark belastet.
Der coronabedingte Rückgang der Gewerbesteuereinnahmen reißt immer tiefere Löcher in die Kassen der NRW-Kommunen. Wie die Landesstatistikbehörde IT.NRW am Montag berichtete, flossen allein von April bis Juni aus dieser Steuerquelle landesweit insgesamt 1,5 Milliarden Euro weniger in die städtischen Haushalte. Gegenüber dem Vorjahresquartal brach die für die Städte wichtigste Einnahmenquelle damit um 43,5 Prozent ein. Auch im Vergleich zu den ersten drei Monaten 2020 nahmen die Städte rund ein Drittel weniger Gewerbesteuer ein.
Erhebliche Unterschiede in den Städten
In den einzelnen Städten verlief die Entwicklung dabei überraschend unterschiedlich. In Oberhausen gingen die Gewerbesteurerträge im Frühjahr um über 65 Prozent zurück, in Düsseldorf sogar um fast 77 Prozent. Duisburg verbuchte von April bis Juni lediglich 27 Millionen Euro aus der Abgabe auf Unternehmensgewinne, 35 Millionen oder 57 Prozent weniger als im Vorjahresquartal.
Manche Kommunen am Niederrhein verzeichnen historische Einbrüche. Im Vergleich der zweiten Quartale 2019 und 2020 gab es in Moers einen Rückgang um 62 Prozent, in Kamp-Lintfort um 54,5 Prozent und in Neukirchen-Vluyn um 43,7 Prozent. Der durchschnittliche Rückgang der Gewerbesteuer im Kreis Wesel liegt bei 34,3 Prozent.
Dortmund dagegen kann sich als einzige Ruhrgebietsstadt über ein leichtes Plus von 1,3 Prozent freuen. Bochum musste gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf knapp die Hälfte der Einnahmen verzichten, Essen hingegen nur auf knapp 20 Prozent.
Bund und Land übernehmen 2,8 Milliarden Euro
Die unterschiedlichen Ergebnisse ergeben sich unter anderem aus verschiedenen Vorauszahlungsmodalitäten der Firmen oder unerwartete Nachzahlungen. Sie hängen aber auch von der Wirtschaftsstruktur der jeweiligen Stadt ab. In Gelsenkirchen führte allein der Totalausfall zweier großer Gewerbesteuerzahler bei der Vorauszahlung zu einem rechnerischen Rückgang der Einnahmen um 590 Prozent. Alle Ruhrgebietsstädte zusammen büßten in den drei Monaten April, Mai und Juni knapp 280 Millionen Euro Gewerbesteuern ein.
Zur Kompensation der erwarteten Gewerbesteuerausfälle in NRW haben Bund und Land insgesamt rund 2,8 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Die kommunale Corona-Hilfe gilt bislang aber nur einmalig für die coronabedingten Ausfälle in diesem Jahr. Bochums Stadtkämmerin Eva Maria Hubbert warnte deshalb davor, die Situation zu unterschätzen. „Wir freuen uns über die Liquiditätshilfe von Bund und Land, die wirklich dramatischen Einbrüche bei der Gewerbesteuer erwarten wir aber erst 2021 und 2022“, sagte Hubbert der WAZ. Die Entlastung müsse daher unbedingt auf die kommenden beiden Jahren ausgedehnt werden.
Auch Mülheim rechnet mit einer „erheblichen Anpassung der Haushaltsplanung in der Gewerbesteuer“ in den Folgejahren, wie ein Stadtsprecher auf Anfrage mitteilte Der kommunalpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Stefan Kämmerling, forderte die Landesregierung unterdessen zu mehr Engagement bei der Entlastung der Kommunen auf. „Außer Luftbuchungen und Buchhaltungstricks liefert die Landesregierung bisher nicht Substanzielles für unsere Städte und Gemeinden“, sagte Kämmerling.