Essen. Im Ruhrgebiet gibt es über 150.000 Berufsschüler. Doch Experten sehen die Schulform noch immer „unter dem Radar“.

Bildungsexperten und Fachpolitiker haben sich für eine stärkere Rolle der Berufsschulen ausgesprochen. „Berufskollegs sind von eminent wichtiger Bedeutung bei der Lösung von Problemen wie den Fachkräftemangel“, sagte der Kölner Bildungsforscher Prof. Detlef Buschfeld am Donnerstag auf dem 11. Bildungsforum des Regionalverbandes Ruhr (RVR) in Essen.

Wichtig im Kampf gegen den Fachkräftemangel

Berufsschulen seien Orte, in denen junge Menschen über ihre berufliche Zukunft entscheiden und zugleich Probleme der Wirtschaft gelöst werden könnten, so Buschfeld. Er kritisierte, dass Berufsschulen in der öffentlichen Wahrnehmung noch immer „unter dem Radar“ erschienen. „Wir müssen mehr dafür werben, dass man versteht, welche Leistung die Berufsschulen erbringen“, sagte der Wissenschaftler.

Allein 152.000 Berufsschüler im Ruhrgebiet

RVR-Regionaldirektorin Karola Geiß-Netthöfel und der Vorsitzende des RVR-Bildungsausschusses, Frank Heidenreich, wiesen auf den Stellenwert der beruflichen Bildung im Ruhrgebiet hin. Berufskollegs sorgten für die Durchlässigkeit des Bildungssystems und seien „wichtige Scharniere“ zwischen allgemeinen Schulen und dem Berufsleben. „Die Arbeitswelt braucht gut ausgebildete Fachkräfte und nicht nur Akademiker“, betonte Heidenreich.

Mehrzahl der Schüler ist männlich

Nach Angaben des RVR gibt es im Ruhrgebiet 103 Berufskollegs. Rund 7500 Lehrkräfte unterrichten dort derzeit 152.000 Schülerinnen und Schüler. Das sind rund ein Drittel aller 16- bis 24-Jährigen im Revier. Jeder sechste Berufsschüler hat einen ausländischen Pass. Seit zehn Jahren sinken die Schülerzahlen allerdings - und zwar schneller als in der Altersgruppe insgesamt.

Dies liegt nach Einschätzung von Schulexperten vor allem daran, dass sich junge Frauen deutlich seltener für eine berufliche Ausbildung an einem Berufskolleg entscheiden. Im Schuljahr 2020/21 waren fast 60 Prozent der Berufsschüler männlich, vor zehn Jahren waren es 57 Prozent. Berufskollegs spielen zudem eine wichtige Rolle beim nachträglichen Erwerb von Schulabschlüssen, wovon vor allem Zugewanderte profitieren.