Duisburg/Essen. Nachdem die Lesung am Duisburger Konfuzius-Institut wohl auf chinesischen Druck abgesagt wurde, springt die Uni Duisburg-Essen ein.
Auf Druck der chinesischen Regierung wurde eine Buchvorstellung abgesagt, die am morgigen Mittwoch am Konfuzius-Institut in Duisburg stattfinden sollte. Der Autor Adrian Geiges wollte dabei aus seiner Biografie des chinesischen Staatschefs „Xi Jinping – Der mächtigste Mann der Welt“ vorlesen und anschließend mit der Ostasienwissenschaftlerin Prof. Nele Noesselt und dem Publikum darüber diskutieren. Geiges hat das Buch gemeinsam mit dem Journalisten Stefan Aust verfasst.
Nach Auskunft des Piper-Verlags habe sich der Generalkonsul Chinas in Düsseldorf, Feng Haiyang, persönlich eingeschaltet, um die Veranstaltung zu verhindern. Das Konfuzius-Institut Metropole Ruhr in Duisburg ist ein sogenanntes An-Institut der Uni Duisburg-Essen.
Autoren sprechen von Zensur
Autor und China-Kenner Adrian Geiges äußerte sich empört über die Absage und sprach von Zensur. Der Druck sei offenbar von höchster Stelle gekommen, sagte er dieser Redaktion. „Dass von Peking bestimmt wird, welche Veranstaltungen in Duisburg stattfinden dürfen, ist ungeheuerlich.“ Dabei handele es sich bei der Biografie nicht einmal um ein besonders kritisches Werk. „Das ist kein Anti-China-Buch“, betont Geiges. Doch um Xi Jinping werde ein Kult aufgebaut, der eine differenzierte Debatte über ihn unmöglich mache. „Er soll unantastbar und unbesprechbar sein.“
Das Konfuzius-Institut betont, dass dies der erste Fall chinesischer Einflussnahme seit der Gründung des Instituts 2009 gewesen sei. „Das hat uns überrascht und erschreckt“, sagt Co-Direktor Prof. Markus Taube. „Das untergräbt unsere Grundlagen und darf sich nicht wiederholen.“ Diese Art der inhaltlichen Einmischung sei inakzeptabel.
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Die Veranstaltung werde aber nicht komplett abgesagt, sondern soll an das Institut für Ostasienwissenschaften der Uni Duisburg-Essen verlegt werden, so Taube. Ähnlich äußerte sich die Uni Duisburg-Essen über die Absage. „Für uns ist diese Entscheidung nicht nachvollziehbar und sie darf sich auch nicht wiederholen“, sagte Uni-Rektor Ulrich Radtke.
Ministerium war die Einmischung nicht bekannt
Die Landesregierung äußerte sich überrascht und besorgt über die Vorgänge. „Die Meinungsfreiheit und die Freiheit von Forschung und Lehre sind nicht verhandelbar“, betonte das Wissenschaftsministerium. Die Universität habe dem Ministerium versichert, diesen Fall zu prüfen und „etwaigen Einschränkungen der Freiheit von Forschung und Lehre“ entgegenzutreten.
Mehrere Universitäten beendeten in der Vergangenheit nach ähnlichen Erfahrungen die Zusammenarbeit mit den ansässigen Konfuzius-Instituten.
Pekings langer Arm
Der lange Arm von Peking reicht offenbar bis nach Duisburg. Warum ausgerechnet die Biografie „Xi Jinping – Der mächtigste Mann der Welt“ von Adrian Geiges und Stefan Aust den Zorn der Kommunistischen Partei erregt, erschließt sich den Autoren selbst nicht. „Der Grund kann nicht im Inhalt des Buches liegen“, sagt Geiges dieser Redaktion. Denn es gehe darin nicht um eine Parteinahme für oder gegen den chinesischen Staatschef. „Wir wollen ihn – soweit möglich – darstellen wie er ist.“ Dabei stützten sich die Autoren auf sein Reden, seine Lebensgeschichte und seine Politik. „Aber selbst das ist offenbar nicht mehr möglich“, sagte Geiges, der zehn Jahre in China gelebt hat. „Ich finde es ungeheuerlich, dass China seinen Einfluss bis nach Deutschland ausdehnt.“
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Schon in der Vergangenheit wurde immer wieder Kritik an den von China gesteuerten Konfuzius-Instituten in Deutschland laut. Offiziell sollen sie ähnlich wie deutsche Goethe-Institute dem kulturellen Austausch und dem Dialog zwischen Deutschland und China dienen. Kritiker aber befürchten chinesische Propaganda an deutschen Unis und sehen eine Einflussnahme der Kommunistischen Partei. Bundesweit gibt es derzeit 19 Konfuzius-Institute. Die Uni Düsseldorf ließ die Partnerschaft im vergangenen Jahr auslaufen, in Bonn werde die Zusammenarbeit überprüft.
War der erste Fall auch der letzte?
„Wir machen keine Propaganda für China“, hatte Co-Direktor Prof. Thomas Heberer bei ähnlichen Diskussionen betont. Weder würde das Programm des Instituts von der Kommunistischen Partei diktiert, noch würde das Institut Studierende beeinflussen oder Spionage betreiben. Der Vereinszweck beste darin, Verständnis aufzubauen, Kontakte zu knüpfen und die Hintergründe der aktuellen chinesischen Entwicklung zu erläutern.
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„Wir lassen uns den Mund nicht verbieten“, stellt Co-Direktor Markus Taube klar. Das Institut habe den Auftrag, den Dialog und auch die kritische Auseinandersetzung fortzusetzen. Und das umso mehr, je schwieriger die politische Lage werde. Er weiß aber auch, dass die Gefahr besteht, dass diese Einmischung nicht die letzte gewesen sein könnte. Über mögliche Konsequenzen für die zukünftige Arbeit des Duisburger Instituts könne er derzeit aber nichts sagen.
Forschungsinstitut mit Sanktionen belegt
Bereits im April 2020 sind die Universitäten Bochum und Duisburg-Essen in den Fokus chinesischer Strafmaßnahmen geraten. China hatte das „Mercator Institute for China Studies“ (Merics) in Berlin mit Sanktionen belegt. Das Institut wurde 2013 von der Essener Stiftung Mercator gegründet und ist ein An-Institut der beiden Unis im Ruhrgebiet.