Düsseldorf. . In NRW-Kommunen, deren Inzidenzwert einstellig ist, gilt seit 9. Juli die neue Inzidenzstufe 0. SPD-Politiker Lauterbach hält das für verfrüht.

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann hat das Festhalten an Inzidenzwerten als Maßstab für Lockerungen und Verschärfungen am Donnerstagmorgen im WDR verteidigt: „Man muss die Inzidenzen, den R-Wert und die Situation in den Krankenhäusern zusammen sehen. Ich wollte aber unbedingt einen Automatismus haben, wenn es regional wieder mehr wird“, sagte er.

Nicht zuletzt sollen Corona-Tests die Öffnung absichern, sagte Laumann im WDR. So sei NRW das einzige Bundesland, in dem vor der Rückkehr aus dem Urlaub an den Arbeitsplatz ein negativer Coronatest notwendig sei.

Corona-Lockerungen in NRW: Lauterbach hält sie für verfrüht

SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach hat die weitreichenden Lockerungen der Corona-Auflagen in Nordrhein-Westfalen als verfrüht eingestuft. „Wir sind in einer Phase, in der die Fallzahlen wieder steigen und sich der Impffortschritt verlangsamt. Der Zeitpunkt der Lockerungen hat mich überrascht, ich hätte einen späteren Zeitpunkt besser gefunden“, sagte Lauterbach am Donnerstag bei WDR 2.

>>> Lesen Sie auch: SPD und Grüne warnen: Lockerungen in NRW kommen zu früh

„Ich hätte mich gefreut, wenn wir mit dem Impfen weiter gewesen wären. Nun werden wir im Herbst eine größere Gefahrenlage haben“, sagte er weiter. Auf die Frage, wie man sich nun am besten verhalte, antwortete Lauterbach: „So viel wie möglich draußen machen und drinnen vorsichtig sein: Maske tragen und Abstand halten.“

Neue Corona-Stufe 0: Steigt Inzidenz über 10, greifen wieder Beschränkungen

"Wir schaffen eine neue Inzidenzstufe 0", teilte Laumann (CDU) am Mittwoch in Düsseldorf mit. "Viele Beschränkungen und Grundrechtseingriffe sind in Gebieten dieser Stufe zurückgenommen", sagte Laumann. Sollte der Inzidenzwerte die neue Grenze von 10 überschreiten, "greifen automatisch wieder unter anderem die Kontaktbeschränkungen der Inzidenzstufe 1", erläuterte Laumann.

Inzidenzstufe 0: Weiterhin Maskenpflicht in Bussen, Bahnen und Einzelhandel

Auch interessant

In der neuen Inzidenzstufe 0 entfallen etwa bisherige Kontaktbeschränkungen wie Mindestabstand und Maskenpflicht. Ausnahme bleibe unter anderem der Öffentliche Nahverkehr und der Einzelhandel, wo die Maskenpflicht weiterhin gilt, sagte Laumann. Gleichzeitig dürfen auch Discos wieder öffnen. Auch Volksfeste sind kurzfristig wieder möglich. "Wir ziehen Öffnungen vor, die wir in der bisherigen Coronaschutzverordnung erst ab dem 27. August vorgesehen hatten", sagte Laumann.

Neue Inzidenzstufe: Diese Lockerungen gelten ab Freitag unter anderem:

  • Nur noch im ÖPNV und Einzelhandel gilt eine Maskenpflicht, in anderen Bereichen sind Masken nur noch empfohlen.
  • Abstandsregeln gelten ebenfalls nurmehr als "Empfehlung"
  • Keine Flächenbegrenzung im Einzelhandel, sofern die Inzidenz auch NRW-weit unter 10 liegt
  • Keine Kontaktnachverfolgung bei Veranstaltungen bis zu 500 Teilnehmern
  • Clubs und Discos dürfen öffnen - aber mit Hygienekonzept, Kontaktnachverfolgung und Testpflicht
  • Sportausübung ohne Beschränkungen
  • Musikfestivals sind erlaubt
  • Keine Beschränkungen für Messen und Märkte
  • Keine Einschränkungen für Gastronomie, wenn genügend Abstand und Abtrennung zwischen Tischen
  • Keine Maskenpflicht für Bedienpersonal nach negativem Corona-Selbsttest alle 48 Stunden
Nur noch im ÖPNV und Einzelhandel gilt eine Maskenpflicht,
Nur noch im ÖPNV und Einzelhandel gilt eine Maskenpflicht, © André Hirtz / FUNKE Foto Services

Die deutlichen Erleichterungen treten NRW erstmals ab Freitag in Kraft, sagte Laumann. In 49 der 53 Städten und Landkreisen in NRW ist die 7-Tagesinzidenz seit mehreren Tagen oder sogar Wochen bereits einstellig, zeigt die Übersicht mit den Zahlen des Robert-Koch-Instituts.

Die Kennziffer, die die Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen wiedergibt, stieg am Mittwochmorgen leicht um 0,2 Punkte auf 5,8, wie aus Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) hervorgeht. Auch vor einer Woche hatte die Sieben-Tage-Inzidenz in NRW zeitweise bei 5,8 gelegen. Bundesweit gab das RKI die Inzidenz am Dienstag mit 5,1 an, ebenfalls ein Anstieg um 0,2 Punkte. Binnen 24 Stunden kamen in NRW 227 Corona-Neuinfektionen und 13 Todesfälle in Zusammenhang mit Covid-19 hinzu.

"Die Pandemie ist nicht vorbei, aber wir haben in vielen Kommunen eine entspannte Lage", sagte Laumann. Bis auf wenige Ausnahmen sei nun bis auf weiteres "ein Leben wir vor Corona möglich", sagte Laumann. Die neuen Lockerungen sind laut Laumann "gerechtfertig und verantwortbar".

Sorgen vor der Delta-Variante

Vor der inzwischen auch in NRW sich ausbreitenden "Delta"-Variante des Virus - die als ansteckender als bisher verbreitete Varianten - mache er sich allerdings "Sorgen", sagte Laumann. Er sieht das Land jedoch gut auf mögliche weitere Einschränkungen vorbereitet: "Unsere Coronaschutzverordnung gilt ja weiter." Die bisherige Stufenreglung sei nur um die genannte Inzidenzstufe "0" ergänzt worden.

Die aus Indien stammende Delta-Mutante des Virus gilt als ansteckender und ist mittlerweile auch in NRW die vorherrschende Variante. Mittlerweile sind 52 Prozent der Corona-Infektionen (Stand 6. Juli) der Delta-Mutation zuzurechnen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sieht bereits eine neue Corona-Variante im Kommen: "Lambda" stammt aus Südamerika und sei bereits in Europa angekommen.

+++ Halten Sie sich beim Thema Corona auf Stand! Hier können Sie unseren täglichen kostenlosen Newsletter bestellen +++

(Red./mit dpa)