Düsseldorf. Die Schuldnerberatungsstellen registrieren einen Ansturm von Hilfesuchenden. Die Landesregierung ist alarmiert.
Schuldnerberater und die NRW-Landesregierung befürchten, dass immer mehr Haushalte wegen der Coronakrise zahlungsunfähig werden. „Es ist davon auszugehen, dass viele Privatpersonen unverschuldet in eine finanzielle Notlage geraten“, warnt NRW-Verbraucherschutzministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) in einem Bericht für den Landtag.
Sie stützt sich bei dieser Prognose auf Rückmeldungen der Schuldnerberatungsstellen und der Verbraucherzentralen aus den vergangenen Wochen. Immer mehr besorgte Bürger bitten demnach um Informationen zu Mahnbescheiden, Inkassoforderungen, Pfändungen und Problemen mit Kreditraten. Mit einem weiteren Anstieg der Hilfesuchenden sei in den kommenden Monaten zu rechnen. „Diese Entwicklung ist bereits anhand der Wartelisten in den Schuldnerberatungsstellen messbar“, so das Ministerium.
Warteliste nach wenigen Stunden voll
„Die Nachfrage nach Beratung ist groß“, bestätigt Christoph Zerhusen, Experte für Verbraucherinsolvenz bei der Verbraucherzentrale NRW, auf Nachfrage dieser Redaktion. „Zum Beispiel war die Warteliste nach der Wiedereröffnung unserer Beratungsstelle in Essen innerhalb von Stunden voll. Unsere Fachleute sehen sich mit vielen speziellen Fragen im Zusammenhang mit der Krise konfrontiert, zum Beispiel nach der Pfändbarkeit der Corona-Prämie für Altenpfleger oder der zusätzlichen Kindergeld-Zahlungen im September und Oktober“, erklärt Zerhusen.
Schon in „normalen Zeiten“ erlaube es das Haushaltsbudget vielen Familien nicht, Geld zu sparen, gibt Ministerin Heinen-Esser zu bedenken. Hohe Mieten und Wohn-Nebenkosten machten Rücklagen oft unmöglich. Nun aber führten Kurzarbeit und krisenbedingte Erwerbslosigkeit laut dem Bericht dazu, „dass zahlreiche Privathaushalte über ein geringeres Einkommen als vor der Krise verfügen werden“. Erwartbare Folge: noch mehr Fälle von Ver- und Überschuldung.
Zu wenig Rat für zu viele Ratsuchende
Petra Köpping, Sprecherin des Fachausschusses Schuldnerberatung der Freien Wohlfahrtspflege NRW, berichtet, dass in diesen Wochen auffallend viele kleine Selbstständige und Kurzarbeiter in den Beratungsstellen Hilfe suchen. Leider habe es seit längerer Zeit keinen Ausbau der Beratungsangebote in NRW mehr gegeben, so dass viele Menschen kaum Chancen hätten, sich nach Auswegen aus der Schuldenfalle zu erkundigen. Auch die Kosten für die Schuldnerberatung schreckten Überschuldete ab. Die Wohlfahrtsverbände fordern daher vom Bund, auch verschuldeten Menschen, die nicht Sozialhilfe beziehen, das Recht auf eine kostenlose Beratung zu geben.