Düsseldorf. Eltern, Schüler, Lehrer machen Vorschläge. Zum Beispiel Verzicht auf Klassenarbeiten, freiwilliges Wiederholen, konsequente Nachhilfe.

Ein weiteres Ausnahme-Schuljahr geht seinem Ende entgegen. Kinder, Familien, Pädagogen sind tief verunsichert. Wie sollte Schule bis zu den Sommerferien organisiert werden? Diese Redaktion hat sich bei wichtigen Akteuren im Schulbetrieb erkundigt. Hier ein Überblick über die Ideen:

Das will die Landesregierung:

NRW verspricht faire, sichere, überall anerkannte Prüfungen. Der Abi-Prüfungsstart wurde um neun Tage verschoben, der Aufgabenpool erweitert. Versetzungsentscheidungen werde es in diesem Jahr geben, stellte das Schulministerium klar. Bei der Frage, ob dieses Schuljahr weitgehend mit Distanzunterricht zu Ende geht, lässt sich Ministerin Yvonne Gebauer (FDP) nicht in die Karten schauen. Sie hat aber vorgesorgt: Der Distanzunterricht wurde rechtlich dem Präsenzunterricht gleichgestellt. Wechsel- und Präsenzunterricht sollen „so lange wie möglich“ angeboten werden. Um Schülern die Chance zu geben, Lernstoff nachzuholen, investiert das Land 36 Millionen Euro in das Programm „Extra-Zeit“ mit außerschulischen Bildungsangeboten.

Das fordern Lehrer:

Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) meint, bei der Bewertung von Leistungen dürfe der Fokus nicht nur auf Klassenarbeiten liegen. „Da muss vor allem der Faktor Vertrauen eine Rolle spielen. Vertrauen in die im Distanzunterricht erbrachten Leistungen und Vertrauen in die Professionalität der Lehrkräfte, diese Leistungen bewerten zu können“, sagt VBE-Landeschef Stefan Behlau. Eine pauschale Versetzungsgarantie würde laut VBE den erbrachten Leistungen der Schüler und auch den Anstrengungen der Lehrer nicht gerecht. Versäumten Lernstoff könnten Kinder aufholen, wenn die Schulen „zukunftsfest“ gemacht würden. Mit mehr Personal und modernen Gebäuden. Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) fordert eine bessere Ausstattung.

Die GEW sagt: „Die Zentralen Prüfungen in den 10. Klassen sollten ausgesetzt und der Abschluss mit dem Zeugnis vergeben werden – ohne weitere Prüfung. Klassenarbeiten sollten ebenfalls ausgesetzt werden. Es sei organisatorisch „nahezu unmöglich“, in allen Klassen noch zwei Arbeiten zu schreiben, so GEW-Landeschefin Maike Finnern. Die Noten könnten auf der Grundlage des Distanz- und Wechselunterrichts vergeben werden. Die GEW ist wie der VBE nicht dafür, per se aufs Sitzenbleiben zu verzichten. Alternative: Freiwilliges Wiederholen ohne Anrechnung auf die Höchstverweildauer in der Schule.

Die Meinung von Eltern:

„Benotungen müssen in diesem Schuljahr noch formativer sein als sonst; das heißt mehr kleinere Tests, kleinere Schritte und vielleicht Projektarbeit zur Anwendung des Gelernten“, so Franz-Josef Kahlen von der Landeselternschaft der Gymnasien. Wenn die Lernrückstände zu groß seien, sei ein Wiederholen sinnvoll. Kahlen: „Wichtig ist dabei, dass allen klar ist, dass ein Sitzenbleiben in dieser Pandemie nicht unbedingt eine Aussage über die Lernfähigkeit oder -willigkeit der Schüler darstellt.“ Für das Nachholen von Lernstoff bedürfe es zunächst einer Bestandsaufnahme. „Wichtig ist, dass wir im neuen Schuljahr nicht das alte Schuljahr erst noch aufarbeiten müssen“, so der Verband.

„Es gibt andere Möglichkeiten, Leistungen zu bewerten, als Klassenarbeiten“, meint Ralf Radke von der Landeselternschaft der integrierten Schulen. Er denkt zum Beispiel an Referate, Ausarbeitungen, Gespräche mit den Schülern. Aufs Sitzenbleiben solle in diesem Jahr verzichtet werden, ein „freiwilliges Wiederholen“ sei angemessen. Versäumter Lernstoff könnte im nächsten Schuljahr mit zusätzlichen Stunden nachgeholt werden. Vom Lernen in den Ferien hält Radke nichts. Schüler und Lehrer benötigten diese Pause.

Das erwarten die Schüler:

Die Landesschülervertretung (LSV) fordert die Wahlmöglichkeit zwischen Prüfungen und einer Durchschnittsnote. Die Zahl der Klassenarbeiten müsse reduziert werden, im Distanzunterricht dürfe es keine Noten geben. Zum Thema Sitzenbleiben meint die LSV: „Es soll eine Wiederholung auf freiwilliger Basis geben.“ Um die Folgen des versäumten Lernstoffs abzufedern, müssten „Lerninhalte gekürzt und aus den Klausurplänen gestrichen werden“. Schüler sollten auf freiwilliger Basis Lernstoff in den Ferien vertiefen können.