Gelsenkirchen. Die Gelsenkirchenerin Nadine Jacobstroer hat drei Kinder und richtet einen emotionalen Appell an die Politik: „Geben Sie die Kinder nicht auf“.

Es ist mehr als ein flammender Appell, so viel mehr als eine Bitte: Nadine Jacobstroer spricht das aus, was wahrscheinlich sehr viele Eltern dieses Landes, viele Eltern dieser Stadt denken, fühlen, meinen: „Es reicht, wir Corona-Eltern können nicht mehr!“ Mit einem emotionalen, über vier Minuten dauernden Facebook-Video hat die Gelsenkirchener Dreifach-Mutter ihrem Ärger, ihrem Frust und ihrer Wut Luft gemacht.

Gelsenkirchener Mutter: „Es reicht, wir Corona-Eltern können nicht mehr“

Dabei geht es der 40-Jährigen mit drei Söhnen im schulpflichtigen Alter (sechs, neun und zwölf Jahre) vor allem um eins: um ihre, aber auch ganz pauschal um die Kinder. Die Vergessenen der Pandemie. Ihre Worte, sie sind gerichtet an Bundeskanzlerin Merkel, NRW-Ministerpräsident Laschet, NRW-Schulministerin Gebauer – und irgendwie sowieso auch an den Rest der Politik.

Nadine Jacobstroer hat ein emotionales Video auf Facebook veröffentlicht. Viele Eltern pflichten ihr bei.
Nadine Jacobstroer hat ein emotionales Video auf Facebook veröffentlicht. Viele Eltern pflichten ihr bei. © privat | Foto

Auslöser für ihre „Spontanreaktion“, wie sie das Video nennt, war die Nachricht, dass ab kommenden Montag, 19. April, wieder Unterricht in Präsenz, allerdings im Wechselmodell, stattfinden soll. Daran gekoppelt die Pflicht, einen negativen Corona-Test vorzuweisen. Denn nur so ist die Teilnahme am Unterricht erlaubt. Selbst das ist in Gelsenkirchen mit einer Inzidenz über 200 nicht ganz sicher.

Corona-Test: Recht auf körperliche Unversehrtheit und riesiger logistischer Aufwand

Jeder von uns hat alles gegeben, jetzt gibt’s wieder den nächsten Schlag in den Nacken“, sagt Nadine Jacobstroer in die Kamera ihres Handys. Gegen das Testen ist sie nicht, sie leugnet nicht, ganz im Gegenteil. Doch diese Maßnahme? „Das bedeutet, dass ich entweder meinen Kindern das Recht auf ihre körperliche Unversehrtheit nehme, und sie quasi vor der Klasse, ohne Privatsphäre zwinge, diesen Test zu machen“, sagt sie.

Auch interessant

„Oder dass ich mit denen in einem riesigen logistischen Aufwand in diese Bürgercenter fahre und die Kinder testen lasse, damit sie ihr Grundrecht auf Bildung wahrnehmen können. Ich bin fassungslos, ich bin wirklich fassungslos.“ Und dann fragt Nadine Jacobstroer: „Ist es denn jetzt wirklich so, dass das Infektionsschutzgesetz sämtliche anderen Gesetze inklusive Grundgesetz sticht?“

Mit dieser Resonanz hat die Dreifach-Mutter nicht gerechnet

Und es scheint, als wird sie mit Dauer des Videos immer wütender. „Kinder sind jetzt die Ersten, die in dieser Pandemie berücksichtigt werden müssen und für die gekämpft werden muss. Die Kinder sind jetzt dran“, ist eine ihrer Mahnungen.

Auch interessant

Am Tag nach dem Post ist Nadine Jacobstroer noch immer überrascht von der Resonanz. „Damit habe ich nicht gerechnet“, sagt die Projektmanagerin an einer privaten Hochschule. Am frühen Donnerstagnachmittag verzeichnet Facebook 81 Kommentare, 271 Gefällt-mir-Angaben und, dass das Video bereits 265 Mal geteilt wurde. Die Kommentare, sie zeigen: Nadine Jacobstroer und ihr Mann, ihre Familie, mit ihren Sorgen und Nöten – sie sind nicht allein.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von Facebook, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Forderung nach Maßnahmen, die im Sinne der Kinder durchdacht werden

Seit 13 langen Corona-Monaten, so erzählt sie, bemühen sie und ihr Mann sich um die Organisation des Familienalltags. Er arbeitet in Vollzeit, sie in Teilzeit. Drei Jungs während des Shutdowns im Homeschooling. Ein echter Drahtseilakt. Der Vormittag voll durchstrukturiert. Zwischendurch und immer mal wieder sei sie „so erschöpft, dass ich gar nicht mehr wütend werden konnte.“

Auch interessant

Was ist ihr Wunsch, was will sie erreichen? Nun, zunächst einmal wollte die Ückendorferin schlicht ihrem Ärger Luft machen. Sie lädt all die Entscheidungsträger dieser Republik, des Landes aber auch ein: „Kommen Sie einfach mal hier vorbei und schauen Sie sich unseren Alltag an.“ Ihre große Hoffnung, die sie im Gespräch mit der WAZ ausspricht: Weg von der Dauerschleife, hin zu Maßnahmen, „die im Sinne der Kinder durchdacht werden.“

+++ Sie wollen keine Nachrichten aus Gelsenkirchen verpassen? Dann können Sie hier unseren kostenlosen Newsletter abonnieren +++

„Schaffen Sie Lösungen, die uns Familien wieder ein Leben ermöglichen. Wir gehen alle am Stock. Ich bitte Sie inständig: Tun Sie was für unsere Kinder! Ansonsten geben Sie diese Generation auf und das kann nicht sein!“, sind Nadine Jacobstroers letzte Worte in dem Video. „Ich wünsche mir für die Kinder so weit wie möglich Normalität zurück“, das sagt Nadine Jacobstroer am Tag nach dem Wut-Post auch. Ihre Forderung an die Adressaten des Videos: „Geben Sie unseren Kindern eine Stimme, geben Sie die Jugend nicht auf, geben Sie die Kinder nicht auf!“