Essen. NRWs Städte schlagen Alarm. Im zweiten Corona-Jahr droht ein Milliardenverlust - und die Gefahr, “dass hier bald die Lichter ausgehen“.
Städten und Gemeinden in NRW droht infolge der Corona-Krise ein riesiger neuer Schuldenberg. In einer Blitzumfrage unter allen 396 NRW-Kommunen haben Städtetag und Städte- und Gemeindebund NRW ermittelt, dass die in den Städten entstehenden Corona-Kosten und Einnahmeverluste in diesem Jahr auf insgesamt 3,5 Milliarden Euro steigen werden. Das sind nach Angaben der beiden Verbände zwei Milliarden mehr an Pandemiekosten als im vergangenen Jahr.
Corona-Defizit könnte bis 2024 bei zehn Milliarden Euro liegen
Bis Ende 2024 könnte das kommunale Corona-Defizit laut der Abfrage sogar auf zehn Milliarden Euro steigen. „Das ist eine erschreckende Zahl“, sagte der Geschäftsführer des NRW-Städtetags, Helmut Dedy, der WAZ. Sprängen Bund und Land nicht in die Bresche, werde das die Investitionsfähigkeit der Städte lähmen. Wichtige Vorhaben etwa im Straßenbau, bei Kitas und Schulen könnten dann auf der Strecke bleiben. „Die Handlungsfähigkeit unserer Städte ist in Gefahr“, mahnte Dedy. Auch der Städte- und Gemeindebund NRW äußerte sich besorgt: „Vielen Kommunen nimmt das jede Perspektive. Dabei müssen sie gerade jetzt wichtige Zukunftsaufgaben vorantreiben, etwa Klimaschutz, Verkehrswende oder Digitalisierung“, sagte Geschäftsführer Christof Sommer.
„Die Handlungsfähigkeit unserer Städte ist in Gefahr“
Beide Verbände fordern von Bund und Land daher eine schnelle Zusage, die corona-bedingten Gewerbesteuerausfälle der Kommunen auch in den nächsten beiden Jahren zu übernehmen. „Falls das nicht geschieht, gehen in vielen Städten und Gemeinden bald die Lichter aus“, warnte Sommer. 2020 hatten Bund und Länder den Städten die weggebrochenen Gewerbesteuereinnahmen erstattet. Für 2021 gebe es dazu bislang keine Signale, so Dedy.
Die Gewerbesteuer zählt zu den wichtigsten Einnahmequellen der Kommunen. Wegen der Pandemie kam es im vergangenen Jahr zu massiven Steuerausfällen, weil vielen Betrieben im Lockdown die Umsätze weggebrochen waren.
Werden die Corona-Schäden die Altschulden von morgen?
Dedy und Sommer warnen auch vor falschen Erwartungen an die Sonderstellung der Corona-Kosten in den städtischen Haushalten. Hier entstehe ein neues kommunales Verschuldungsproblem. Hintergrund: NRW-Kommunen dürfen coronabedingte Kosten im Etat isolieren und bis zu 50 Jahre lang abschreiben. Das soll in der Krise auch den Städten helfen, die wie im Ruhrgebiet besonders knapp bei Kasse sind. Die beiden Kommunalverbände fürchten nun, dass der Anlass für die Corona-Schulden nach dem Ende der Pandemie in Vergessenheit geraten könnte und die Kredite eines Tages als „normale“ Schulden geführt werden müssten – mit dem zusätzlichen Risiko höherer Zinsen. Helmut Dedy: „Wenn wir nicht aufpassen, werden die Corona-Schäden die Altschulden von morgen sein.“