Essen/Düsseldorf. Noch sind alle ratlos: Was plant das Schulministerium? Wie entwickeln sich die Infektionszahlen? Wer darf zuerst wieder in die Schule?

In der nächsten Woche müssen sich Bund und Länder auch darauf einigen, wie es ab dem 14. Februar in den Schulen weitergeht. Der Druck, die Schulen zu öffnen, wird größer. Ein Überblick

Die Schulministerin

Yvonne Gebauer (FDP) wird am Montag mit Lehrer-, Eltern und Schülerverbänden und später mit ihren Kultusministerkollegen über Schritte zur Schulöffnung reden. Dabei könne „selbstverständlich auch über Wechselmodelle“ geredet werden, sagt sie. NRW hat ein dreistufiges Modell für Schulunterricht in der Pandemie. Es orientiert sich an der Infektionslage, ist aber nicht so detailliert wie die Modelle in Niedersachsen und Schleswig-Holstein.

Der Schulpsychologe

„Die Spaltung der Schüler je nach Möglichkeit und sozialer Lage ist deutlich krasser geworden“, sagt Uwe Sonneborn, Vorstandsmitglied des Landesverbands Schulpsychologie NRW. Viele Eltern und Schüler seien am Ende ihrer Kräfte. Vielen Jugendlichen fehle die Perspektive, zugleich sorgten sie sich um ihre Abschlüsse. Von Einsamkeit, Frust, häuslichen Konflikten, ja sogar von Suizidversuchen habe er gehört. Daher sollte der Präsenzunterricht so rasch wie möglich wieder beginnen. Nach wochenlangem Homeschooling seien die Wissensstände zu unterschiedlich. Leistungen aus dem Distanzunterricht zu benoten, sieht er daher kritisch. „Das wäre ungerecht“.

Die Schüler

Die Landesschülervertretung (LSV) wirft der Landesregierung vor, die angespannte Situation der Kinder und Jugendlichen nicht genügend zu berücksichtigen. Sie fordert NRW auf, mehr Schulsozialarbeiter und -psychologen einzustellen. Zudem dürften die Leistungen im Distanzunterricht nicht bewertet werden, um den Leistungsdruck zu reduzieren.

Der Epidemiologe

Die Schulen sollten wieder geöffnet werden, fordert der Epidemiologe Prof. Karl-Heinz Jöckel angesichts der sinkenden Infektionszahlen. Wissenschaftliche Daten zeigten, dass Kitas und Schulen keine Treiber der Pandemie seien, betonte der stellvertretende Leiter des Instituts für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie am Uni-Klinikum Essen. Die Hygienemaßnahmen sollten zunächst weiter gelten „Wo wir die Maßnahmen lockern können, weil wir wissen, dass dort das Infektionsrisiko gering ist, sollten wir sie auch lockern.“

Der Virologe

Prof. Jörg Timm, Leiter des Instituts für Virologie am Uni-Klinikum Düsseldorf, verweist hingegen vor allem mit Blick auf die neuen Corona-Mutationen auf Risiken des Schulstarts. „In der jetzigen Phase der Pandemie ist eine Öffnung der Schulen ohne weitere Vorsichtsmaßnahmen schwer zu rechtfertigen.“ Daher sollten an den Schulen weiter Regeln zur Kontaktreduzierung gelten. Denkbar wäre ein Wechsel von Distanz- und Präsenzunterricht, kleinere Klassen sowie feste Lerngruppen. Studien wiesen darauf hin, dass jüngere Menschen zwar nicht so schwere Krankheitsverläufe haben, aber ansteckend sein können.

Der Oberbürgermeister

Der Solinger OB Tim Kurzbach (SPD) hat 2020 mit seinem „Solinger Weg“ und dem Plädoyer für Wechselunterricht Schlagzeilen gemacht. Er hält diesen Weg weiter für vernünftig. „An der Ausgangslage hat sich nichts geändert. Auch wenn die Wocheninzidenzzahlen sinken, muss die Bevölkerung weiter vor der Ausbreitung der Pandemie geschützt werden; insbesondere, da ansteckendere Mutationen des Coronavirus unterwegs sind.“ Es brauche endlich weitergehende Vorgaben vom Land für den Wechselunterricht, auf die die Schulen sich verlassen könnten. „Bitte nicht wieder kurz vor knapp mit einer Schulmail informieren.“

Die Berufsschullehrer

Der Berufsschullehrer-Verband BvLB fordert verlässlichen Gesundheitsschutz für den Präsenzunterricht. Vor der Öffnung der Schulen brauche es genügend Schnelltests, Impfungen des Personals, FFP2-Masken und Luftfilteranlagen.

Die Gewerkschafterin

„Konkrete Vorgaben“, wie es an den Schulen nach dem 12.2. weitergeht, erwartet Maike Finnern, Landeschefin der Gewerkschaft GEW. Der Stufenplan der Landesregierung sei leider nur „minimal konkret“. Schleswig-Holstein und Niedersachsen zeigten, das Stufenpläne sich enger an Inzidenzzahlen ausrichten können. Für Maßnahmen an Schulen erwartet Finnern von NRW eine „Übergangsfrist“ nach dem Beispiel Thüringens. „Es kann nicht sein, dass die Schulen am Donnerstag oder Freitag eine Mail bekommen und dann soll am Montag alles funktionieren.“

Der Städtetag

„Die NRW-Städte als Schulträger brauchen ein klares Szenario, ab wann und unter welchen Bedingungen Kinder und Jugendliche wieder zur Schule gehen können. Wir brauchen eine Perspektive über den 14. Februar hinaus“, sagte NRW-Städtetag-Geschäftsführer Helmut Dedy dieser Redaktion. Wenn Lockerungen möglich werden, sollten Schulen und Kitas bei den Öffnungen als erste dabei sein.

Bei einer Öffnung solle sich NRW am Stufenplan der Kultusministerkonferenz orientieren. Das heißt: Zuerst nur Präsenzunterricht für Schüler der ersten sechs Klassen und der Abschlussklassen. In einer nächsten Stufe kann es Wechselunterricht ab der siebten Klasse geben, mit halb so großen Klassen. Erst in Stufe drei gibt es Präsenzunterricht für alle.