Düsseldorf. Die AWO hat Zehntausende Schutzmasken von der Bundesregierung bekommen und bewertet die Masken als unbrauchbar. Das sagt der Bund zu dem Vorwurf.

[Sie sind Telegram-User? Dann verpassen Sie mit unserer regionalen Nachrichtenübersicht der WAZ keine Infos mehr. Hier kostenlos bestellen!]

Unter den FFP2-Schutzmasken, die die Bundesregierung in diesen Tagen an die Träger von Altenpflegeheimen und Kitas verschickt, befinden sich offenbar große Chargen, die einer Qualitätsüberprüfung nicht standhalten. Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) im Bezirk Westlichen Westfalen warnt die Leitungen seiner 60 Pflegeheime ausdrücklich davor, diese Schutzausrüstung zu verwenden. „Diese Masken sind völlig untauglich“, sagten AWO-Bezirksgeschäftsführer Uwe Hildebrandt und AWO-Bezirksvorstandsmitglied Serdar Yüksel (SPD) dieser Redaktion.

Mindestens 30.000 Stück seien bereits an die Einrichtungen der AWO geliefert worden, Zehntausende weitere dieser Masken liegen noch im Lager des Verbandes. Schon aus der Kennzeichnung auf den Verpackungen gehe hervor, dass sie sich nicht für den medizinischen Bereich eigneten, erklärte Hildebrandt.

Sachverständige von der Prüfgesellschaft Dekra dürften jedenfalls bei der Begutachtung von Schutzmasken, die die Arbeiterwohlfahrt für Pflegeheime und Kitas von der Bundesregierung bekam, die Hände über dem Kopf zusammen geschlagen haben: Die Mängelliste, die die Organisation aufführt, ist lang. Einen wirksamen Schutz vor dem Coronavirus bieten sie demnach nicht.

"Erschlagende Prüfergebnisse"

„KN-95“ ist eine chinesische Variante der hierzulande FFP2 genannten Maske. Sie sollen den Träger deutlich besser schützen als die üblichen „Alltagsmasken“, aber es scheint Qualitätsprobleme zu geben. Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) im Bezirk Westliches Westfalen, die von der Bundesregierung in den vergangenen Tagen Zehntausende dieser Masken bekam, spricht von „erschlagenden“ Prüfergebnissen und rät den Leitern ihrer Einrichtungen, sie auf keinen Fall an Pflegebedürftige und ans Personal zu verteilen.

Heimleitungen waren beim Blick auf die gelieferte Schutzausrüstung misstrauisch geworden und hatten das Qualitäts- und Sicherheitsmanagement der AWO eingeschaltet. Die recherchierte mit der Produktnummer und stieß auf einen vernichtenden Bericht der Dekra. Die Freigabe scheiterte unter anderem an sich ablösenden Partikeln, einem auffallend starken Eigengeruch, einem „zu hohen Atemwiderstand“ und „Undichtigkeiten im Nasenbereich“. Auf der Verpackung zeigt der Hinweis „non medical“ an, dass die Masken für den medizinischen Einsatz ungeeignet sind. Die erforderliche CE-Kennzeichnung fehlt ebenso wie der vierstellige Prüfcode.

"Bitte benutzen Sie diese Masken nicht"

Die AWO warnt ihre Einrichtungen daher: „Bitte benutzen Sie die FFP2-Masken nicht“. Uwe Hildebrandt und Serdar Yüksel können nicht nachvollziehen, warum das Bundesgesundheitsministerium als Absender solche Lieferungen zulässt.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte Anfang November angekündigt, dass rund 290 Millionen Schutzmasken aus Bundesbeständen bis Weihnachten kostenlos an alle Pflegeheime und ambulante Pflegedienste geschickt werden.

Etwa 60 Prozent der 60 AWO-Einrichtungen in diesem Bezirk haben bisher jeweils 1000 dieser Masken bekommen. Zehntausende lagern noch auf Paletten. Ein Sprecher des Paritätischen sagte, dass auch dieser Verband Rückmeldungen über schlechte Masken erhalte: „Wir können aber bisher nur sagen, dass es Einzelfälle sind.“ Eine Sprecherin der Caritas Im Bistum Essen erklärte, man sei froh, diese Masken zu haben. Zu beanstanden sei nur ein „leicht unangenehmer Eigengeruch“.

Bundesgesundheitsministerium weist Beanstandung zurück

Das Bundesgesundheitsministerium hat die Warnung der Awo in Westfalen vor dem Gebrauch von Schutzmasken aus den Beständen des Bundes als haltlos zurückgewiesen. „Diese Warnung entbehrt jeder Grundlage. Die Masken sind geprüft und für gut befunden worden“, teilte ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums am Dienstag mit. Die versendete Schutzausrüstung an Pflegeeinrichtungen sei einem standardisierten, mehrstufigen Prüfverfahren unterzogen worden. Die Masken erfüllten „alle Anforderungen an die Qualität und Sicherheit, die Grundlage für eine Nutzung sind.“ Geprüft wurden demnach unter anderem Funktion sowie Filterqualität.

In den Nutzungsbedingungen für die gelieferten Masken werde darauf hingewiesen, dass sie nur als „eiserne Reserve“ für den „Notfallgebrauch in Mangelsituationen“ gedacht seien. So sollten die Einrichtungen vorrangig weiter diejenigen Masken nutzen, die auf dem üblichen Marktwege beschafft werden. Das Masken-Hilfspaket entstamme dem in der Hochphase der Corona-Pandemie aufgrund von Sonderregelungen angeschafften Bestand der Bundesrepublik. „Sie werden nicht in den Verkehr gebracht und nicht generell bereitgestellt“, hieß es zudem. Damit wurde im Fall der Pflegeheime auf andere Bestände zurückgegriffen als bei den Schutzmasken, die seit diesem Dienstag über Apotheken an die Risikogruppe ausgegeben werden sollten. (mit dpa)