Düsseldorf. Kitas und Schulen sollten ab sofort Schnelltests bekommen, Schulen die Kurz-Quarantäne einführen können. Das klappt aber noch nicht.
Schulen und Kitas in NRW werden noch wochenlang auf die von der Politik versprochenen Schnelltests für Lehrer und Erzieher warten müssen. Sowohl die Antigen-Schnelltests als auch die neue, fünftägige Quarantäne an Schulen starten frühestens nach den Weihnachtsferien, wie das NRW-Gesundheitsministerium am Freitag mitteilte. „Schnelltests sollen nach den Winterferien schnellstmöglich zum Einsatz kommen“, erklärte eine Sprecherin des Ministeriums.
Bei der Kurz-Quarantäne mit dem „Freitesten“ einer Klasse nach fünf Tagen, auf die sich Bund und Länder geeinigt hatten, sei ebenfalls „eine Umsetzung zum Schulstart nach den Winterferien“ geplant. Wie das konkret funktionieren soll, ist im Moment ungeklärt. Das Ministerium spricht von „offenen rechtlichen Fragen“.
Kitas und Schulen könnten laut Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ab sofort eigenständig Antigen-Schnelltests beziehen und nutzen. „Lehrer werden sich regelmäßig selbst testen dürfen“, kündigte er an. Doch der Start verzögert sich in NRW bis in die Zeit nach den Weihnachtsferien, räumte das NRW-Gesundheitsministerium am Freitag ein. Es ist noch nicht einmal sicher, ob es mit den Tests unmittelbar nach den Ferien klappt. Die Landesregierung verspricht sich gleichwohl viel von diesen neuen Testmöglichkeiten.
Warum die Verspätung?
Das Gesundheitsministerium spricht von noch „offenen Fragen“ ohne ins Detail zu gehen. Das gelte sowohl für die Schnelltests als auch für die neue Kurz-Quarantäne, die in Schulen eingeführt werden soll. Das bisherige Test-System für Lehrer und Erzieher werde bis Weihnachten fortgesetzt: Die Landesregierung bietet diesen Beschäftigten die Möglichkeit, sich bis zu dreimal kostenlos auf Covid-19 testen zu lassen. Der Zeitpunkt ist frei wählbar.
Was sagen Lehrerverbände zu den Schnelltests?
Sowohl der Verband Bildung und Erziehung (VBE) als auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) begrüßen, dass das Personal an Schulen und Kitas diese Tests bekommen soll. Stefan Behlau, VBE-Landesvorsitzender, sagte dieser Redaktion: „Wir fordern selbst Schnelltests, aber eingebettet in eine abgestimmte Teststrategie.“ Die Art und Weise der Ankündigung sei problematisch, und es gebe noch viele offene Fragen.
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Der VBE warnt vor falschen Erwartungen: „Die Schnelltests sind nicht von heute auf morgen verfügbar. Eine Abstimmung zwischen allen Beteiligten muss vorher erfolgen. Klare, transparente Entscheidungen sind gerade jetzt für die Schulen und Kitas wichtig, Unruhe durch Unklarheit ist dringend zu vermeiden."
Wie funktioniert ein Schnelltest?
Antigen-Schnelltests weisen im Gegensatz zu den sonst üblichen PCR-Tests mit Laborbeteiligung kein Erbmaterial des Virus nach, sondern Eiweiße des Virus. Mit einem Wattestäbchen wird eine Probe aus dem Mund- und Nasenraum gesammelt, in eine Flüssigkeit gegeben und dann – ohne Labor – sofort überprüft. Die Test-Sets ähneln den Schwangerschaftstests, die in Apotheken verkauft werden. Das Ergebnis liegt in etwa 15 Minuten vor.
Wie sicher sind die Schnelltests?
Laut Robert-Koch-Institut (RKI) sind Antigen-Schnelltests eine „sinnvolle Ergänzung“ zu den sichereren, aber aufwändigeren PCR-Tests, wenn es darum gehe, eine erste Vorentscheidung über einen Infektionsfall zu fällen . Das RKI spricht aber von einer „geringen Sensitivität“ der Tests. Heißt: Damit ein Antigen-Test ein positives Ergebnis anzeigt, ist im Vergleich zum PCR-Test eine größere Virusmenge nötig. Ein negatives Ergebnis schließt also eine Corona-Infektion nicht aus. Manchmal wird auch ein positives Ergebnis angezeigt, obwohl der Getestete nicht infiziert ist. Manche Hersteller stellen eine 80- bis 90-prozentige Sicherheit in Aussicht. Amtlich bestätigt ist das nicht.
Alle Schnelltests müssen von Fachpersonal durchgeführt werden. Die marktüblichen Tests unterscheiden sich in ihrer Leistungsfähigkeit, so das RKI.
Der Virchowbund, ein Verband von Haus- und Fachärzten, warnt daher: Durch Selbsttests von Laien erhöhe sich womöglich die Rate an falsch-negativen Tests. „Es wäre fatal, wenn Menschen nach einem fehlerhaften Selbstabstrich ein falsches Ergebnis erhalten und sich dadurch in trügerischer Sicherheit wiegen. Das gefährdet Menschenleben.“
Helmut Dedy, Geschäftsführer des Städtetages NRW, ist sehr skeptisch: „Die Frage des Nutzens eines von Personal an Schulen und Kitas selbst durchgeführten Schnelltests ist genauso offen, wie die Klärung, welche Schnelltests überhaupt geeignet sind und inwieweit sie sichere Ergebnisse liefern. Wir erwarten von der Landesregierung, diese Fragen kurzfristig zu klären.“
Ist die Schulung dafür aufwändig?
Der NRW-Städtetag fordert eine fachkundige Anleitung für Lehrer und Erzieher vor der Einführung dieser Tests. Dr. Prosper Rodewyk von der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) sagte auf Nachfrage dieser Redaktion, es sei durchaus möglich, die Durchführung eines Schnelltests sogar per Video zu erlernen. Dennoch sei das Verfahren nicht einfach. Das Wattestäbchen müsse tief in die Nase und in den Rachen eingeführt werden. Das sei unangenehm und angesichts unterschiedlicher Nasen-Anatomien mitunter kompliziert.
Dürfen Lehrer/Erzieher auch Kinder testen?
Wahrscheinlich nicht, aber eine klare Aussage dazu von der Regierung fehlt bisher. Der VBE warnt vor Schüler-Tests durch Lehrer. Die sei keine Aufgabe für Pädagogen. „Lehrkräfte und Erzieher lehren und erziehen, sie sind keine medizinischen Fachkräfte“, sagte VBE-Landeschef Behlau.
Dr. Prosper Rodewyk (KVWL) glaubt nicht, dass das in Kitas und Grundschulen funktionieren könnte. In der Oberstufe wäre das aber wohl möglich, sagte der Mediziner.