Essen. Kritik an den von Peking finanzierten Konfuzius-Instituten wird heftiger. Unis in Hamburg und Düsseldorf beenden die Kooperation, Essen nicht.

Nachdem erste deutsche Hochschulen die Zusammenarbeit mit den chinesischen Konfuzius-Instituten aufgekündigt haben, beginnt eine neue Debatte über die Zukunft der von Peking gesteuerten Einrichtungen. Offiziell sollen diese ähnlich wie deutsche Goethe-Institute dem kulturellen Austausch sowie dem Dialog zwischen Deutschland und China dienen.

Kritiker aber befürchten chinesische Propaganda an deutschen Unis und sehen eine Einflussnahme der Kommunistischen Partei. Auf Initiative der FDP-Bundestagsfraktion berät der Bundestag am 9. September erstmals über einen Antrag, die Kooperation zwischen deutschen Hochschulen und den chinesischen Instituten generell zu beenden. „Die subtile Zensur eines autoritären Regimes hat an unseren Hochschulen nichts verloren. Den Konfuzius-Instituten sollten deutsche Hochschulen keine Plattform bieten“, erläutert FDP-Bildungsexperte Jens Brandenburg die Gründe für den Antrag.

Unis in Hamburg und Düsseldorf beenden Zusammenarbeit

Bundesweit gibt es derzeit 19 Konfuzius-Institute. In NRW arbeiten die Universitäten Bonn und Duisburg-Essen mit Konfuzius-Instituten zusammen. Weitere Einrichtungen gibt es in Düsseldorf und Paderborn. Zuletzt hatte die Universität Hamburg die seit 2007 bestehende Zusammenarbeit mit dem dortigen chinesischen Institut aufgekündigt. Als Grund wurde eine Veränderung chinesischer Politik im Hinblick auf die Wissenschaft angegeben. So seien wissenschaftliche Freiheitsklauseln aus den Leitbildern vieler chinesischer Universitäten entfernt worden.

Auch die Uni Düsseldorf ließ die Partnerschaft mit dem dortigen Konfuzius-Institut zum April 2020 auslaufen. Das Institut betreibe keine wissenschaftliche Forschung und könne daher rein formell kein An-Institut der Uni sein, hieß es als Begründung. Zudem verweist die Hochschulleitung auf eine Erklärung der Bundesregierung vom 10. Dezember 2019. Darin heißt es: „Der Bundesregierung ist bekannt, dass der chinesische Staat beziehungsweise die kommunistische Partei Einfluss auf Veranstaltungen, Lehrinhalte und -materialien an Konfuzius-Instituten in Deutschland nimmt.“

Uni Duisburg-Essen steht hinter dem Institut

Die Uni Bonn teilt auf Nachfrage mit, dass die Zusammenarbeit mit dem dortigen Institut derzeit überprüft werde. Eine Einflussnahme auf das Veranstaltungsprogramm sei indes nicht feststellbar. Die Uni-Duisburg-Essen hat hingegen kein Problem mit dem seit 2009 in Duisburg ansässigen „Konfuzius-Institut Metropole Ruhr“. Die Universität sehe „keinen Grund, die Kooperation zu beenden“.

Die NRW-Landesregierung beobachtet die Entwicklung kritisch, überlässt aber die Entscheidung der jeweiligen Hochschule. Zwar könne man vermuten, dass eine Kooperation „eine schleichende Aushöhlung der akademischen Freiheit durch vorauseilende Selbstzensur bzw. einseitige positive Darstellung Chinas bedeuten könnte“, erklärt das NRW-Wissenschaftsministerium. Damit aber würden die beteiligten Universitäten „verantwortungsvoll und kritisch“ umgehen können.

Instituts-Leiter spricht von Vorurteilen

Thomas Heberer kann die erneut aufgeflammte Debatte über die chinesischen Konfuzius-Institute nicht verstehen. Der Seniorprofessor gilt als herausragender Experte für chinesische Politik und Gesellschaft in Deutschland und leitet das Duisburger Institut gemeinsam mit Prof. Markus Taube und Professorin Lu Xiaoyan.

„Wir machen keine Propaganda für China“, stellt Heberer klar. Weder würde das Programm des Instituts von der Kommunistischen Partei Chinas diktiert, noch würde das Institut Studierende beeinflussen oder gar Spionage betreiben. „Das sind immer die gleichen Vorurteile und Vorwürfe“, so Heberer.

„Endlich den Geldhahn zudrehen“

Der Wissenschaftler meint damit auch den FDP-Bildungsexperten Jens Brandenburg, der seit langem gegen die chinesisch-deutsche Kooperation Sturm läuft. Die Institute seien von Peking ferngesteuert. „Regimekritische Inhalte wie die Tibet-Frage, der Verfolgung der Uiguren und andere schwere Menschenrechtsverletzungen müssen an unseren Hochschulen vorbehaltlos thematisiert werden“, fordert der Bundestagsabgeordnete. „Länder und Kommunen sollten den Konfuzius-Instituten endlich den Geldhahn zudrehen“, sagte Brandenburg dieser Redaktion.

Prof. Markus Taube (l.) und Prof. Thomas Heberer sind Co-Direktoren des Konfuzius-Instituts in Duisburg.
Prof. Markus Taube (l.) und Prof. Thomas Heberer sind Co-Direktoren des Konfuzius-Instituts in Duisburg. © FUNKE Foto Services | Foto: Martin Möller

Innerhalb der 19 Konfuzius-Institute nehme die Einrichtung in Duisburg eine Sonderrolle ein. „Unser Schwerpunkt liegt auf Gesellschaft, Politik und Wirtschaft. Das hebt sich ab von anderen Instituten, die sich eher auf Sprache und Kultur konzentrieren“, erklärt Heberer.

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Das beinhalte selbstverständlich auch eine kritische Auseinandersetzung mit der Politik Chinas. „Wir verstehen unsere Rolle aber nicht in erster Linie als Kritiker der chinesischen Politik, sondern als Brückenbauer zwischen Deutschland und China“, betont der Sinologe.

„Wir wollen Brückenbauer sein“

Der Vereinszweck bestehe darin, Verständnis aufzubauen, Kontakte zu knüpfen und die Hintergründe der aktuellen chinesischen Entwicklung zu erläutern. Einen Regimekritiker wie den Aktivisten Joshua Wong aus Hongkong einzuladen, wäre allerdings ein Problem. Dafür würde kein Geld von chinesischer Seite fließen, räumt Heberer ein. Warum andere Unis die Zusammenarbeit mit den China-Instituten beenden, möchte er nicht kommentieren. „Das entscheidet jede Hochschule selbst.“

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Auf dem Programm des Duisburger Instituts stehen Sprachkurse, Kalligraphie- oder Kung Fu-Workshops, Lesezirkel, „gesellige Veranstaltungen“ sowie Vorträge zur chinesischen Kultur, Gesellschaft, Politik und Geschichte. Ein Vortragsthema von Heberer und Taube lautete: „China – Partner oder systemischer Rivale?“

Uni Duisburg-Essen hat „vollstes Vertrauen“

Die Uni Duisburg-Essen sieht anders als andere Universitäten keinen Anlass, die Kooperation mit dem Institut zu beenden. Die Uni habe „vollstes Vertrauen in das Direktorium, das über die inhaltliche Ausrichtung, die einzelnen Veranstaltungen und Projekte entscheidet“, teilt die Uni auf Nachfrage mit. Fälle von Einflussnahme seien nicht bekannt. Und ja, die Kooperation sei erfolgreich und sinnvoll.

Jens Brandenburg kann das nicht nachvollziehen und sieht eine konkrete Gefahr der Einflussnahme durch das Regime Chinas. „Mit finanziellen Abhängigkeiten und einer ideologischen Vorbereitung des von chinesischer Seite gestellten Personals stellt die Kommunistische Partei sicher, dass regimekritische Stimmen an den Instituten kaum Gehör finden“, so Brandenburg. Die sei „ein Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit“. Statt dessen sollten unabhängige Lehrstühle und Institute zur chinesischen Kultur ausgebaut werden.

Bundesregierung beobachte die Entwicklung

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Ob der Antrag der FDP-Bundestagsfraktion sein Ziel erreicht, die Kooperationen der Institute mit deutschen Hochschulen auf lange Sicht zu beenden, bleibt angesichts der Hochschulautonomie fraglich. Zudem sind die Institute in der Regel eingetragene Vereine, die man nicht kurzweg verbieten oder schließen kann. Der Bundesregierung ist bewusst, dass die Institute Teil der chinesischen Strategie sind, den „Aufbau einer sozialistischen Kultur“ sowie eine „Diplomatie chinesischer Prägung“ zu befördern, die Entwicklung werde sehr genau beobachtet.

Das NRW-Wissenschaftsministerium vertraut indes auf die kritische Aufmerksamkeit der Hochschulleitungen: „Die Landesregierung ist sich sicher, dass die Universitäten etwaigen Einschränkungen der Freiheit von Forschung und Lehre entgegentreten würden.“

>>>> Wie sich die Institute finanzieren

Weltweit sind rund 500 Konfuzius-Institute aktiv. In Deutschland sind es derzeit 19. Die meisten Institute sind eingetragene Vereine und als An-Institute einer deutschen Universität verbunden. Die Finanzierung erfolgt über deutsche und chinesische Partner.

Hochschulen und Städte stellen Räume und Personal zur Verfügung, Projektmittel können bei der chinesischen Stiftung „The Chinese International Education Foundation“, Trägerin aller Konfuzius-Institute, beantragt werden. Einnahmen erzielen die Institute vor allem aus Sprachkursen und Prüfungen sowie über Projekte mit anderen lokalen Bildungs- und Kultureinrichtungen, die dafür Mittel geben.