Essen. In NRW leben und studieren so viele chinesische Staatsbürger wie in keinem anderen Bundesland. Sorge vor Anfeindungen trübt gute Beziehungen.
„Ich bin kein Virus!“ So wehren sich Asiaten in sozialen Medien gegen Feindlichkeiten im Zuge der Corona-Epidemie. „Schlimmer als das Virus sind blinde Diskriminierung und Hass gegenüber den Menschen“, sagte Dieter Böning, Vorsitzender der Düsseldorfer Gesellschaft für deutsch-chinesische Freundschaft. Er sieht die guten Beziehungen zwischen Deutschen und Chinesen bedroht.
Die Arbeitsgemeinschaft Deutscher China-Gesellschaften beobachte „drastisch steigende Verunglimpfungen und Ausgrenzung von chinesischen Menschen bis hin zum offenen Rassismus“. Und auch der Generalkonsul der Volksrepublik in Düsseldorf, Haiyang Feng, ist über Angriffe auf Asiaten alarmiert und appellierte an Medien und Bevölkerung, keine Panik zu schüren: „Es leben viele Chinesen in Nordrhein-Westfalen. Sie fühlen sich hier zuhause.“ Rassismus gefährde das bislang gute Zusammenleben.
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Rund 35.400 chinesische Staatsbürger leben in NRW – mehr als in jedem anderen Bundesland. Allein an der Universität Duisburg-Essen sind rund 2200 Studierende aus China eingeschrieben. Nach Auskunft von Prof. Thomas Heberer, Direktor am Konfuzius-Institut in Duisburg, ist dies die größte chinesische Studierendengemeinde in Deutschland. Die Uni befürchtet, dass die rasant wachsende Ausbreitung des Coronavirus in China auch Folgen für die chinesischen Studierenden haben könnte. In NRW studieren insgesamt rund 8500 Chinesen. Damit stellen sie nach den türkischen Studierenden (14.100) die größte Gruppe.
„Ich bleibe zu Hause, damit keiner Angst vor mir bekommt“
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Bislang sei es an der Uni Duisburg-Essen nicht zu Zwischenfällen oder offener Diskriminierung gekommen, berichtet Heberer. Chinesische Studierende und Gastwissenschaftler berichteten jedoch, dass Freunde und Bekannte aus Furcht vor einer möglichen Ansteckung gemeinsame Treffen absagten. Dadurch fühlten sich viele isoliert. Ein Student berichtete: „Ich habe mich entschieden, so viel wie möglich zu Hause zu bleiben, damit keiner Angst vor mir bekommt.“ Doch er lobte die gelassene Haltung der Deutschen: „Ich denke, die Duisburger sind sehr rational.“ Das bestätigte eine Studentin: „Ich fahre jeden Tag mit dem Bus zur Uni. Alle sind nett zu mir. Ich habe keinen komischen Blick bekommen, obwohl ich Chinesin bin.“
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Dass manche Chinesen einen Mundschutz tragen, würde zu Missverständnissen führen, berichtet Heberer. „In China trägt man die Masken aus Vorsicht. In Deutschland aber denkt man, diese Menschen seien krank und meidet daher den Kontakt.“ Vor allem Kollegen und Studenten aus Wuhan seien derzeit in großer Sorge um ihre Angehörigen und Freunde. So auch die Co-Direktorin des Instituts, Prof. Lu Xiaoyan. Sie studierte in Wuhan und lehrt auch an der dortigen Universität Germanistik als „außerordentliche Professorin“.
Austausch zur Partner-Uni in Wuhan eingestellt
Die Uni Duisburg-Essen hat den Austausch zu den beiden Partneruniversitäten in Wuhan weitgehend eingestellt, sagte Heberer. Wie andere Hochschulen hat auch die Ruhr-Uni Bochum mit Sicherheitsmaßnahmen reagiert. Unterdessen wurde der erste von 16 Corona-Patienten in Deutschland aus einer Klinik in Bayern gesund entlassen.