Düsseldorf. Zweieinhalb Jahre tagte ein Expertengremium unter Leitung des populären Ex-Bundestagsabgeordneten. Jetzt liegen die Ergebnisse vor.
Zweieinhalb Jahre nach ihrer Einsetzung hat die „Bosbach-Kommission“ der Landesregierung einen umfangreichen Forderungskatalog für mehr Sicherheit in NRW vorgelegt. Das Expertengremium um den früheren CDU-Bundestagsabgeordneten Wolfgang Bosbach listet in ihrem 149-seitigen Abschlussbericht zahlreiche Vorschläge zur Beseitigung von praktischen und rechtlichen Hindernissen auf. Ihre letzte Sitzung hatte die Kommission bereits im Februar, doch wegen der Corona-Pandemie hatte sich die Ergebnis-Präsentation immer weiter verschoben.
Vorgehen: Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hatte im Landtagswahlkampf 2017 versprochen, dass Bosbach einmal abseits des Tagesgeschäfts mit Experten die Sicherheitsprobleme in NRW analysieren werde. Anfang 2018 nahmen mehr als ein Dutzend Fachleute aus Polizei, Justiz und Wissenschaft die Arbeit auf. Herausgekommen ist eine Vielzahl von Ideen, die über den obligatorischen Ruf nach mehr Polizei hinausgehen. Die Kommission tagte unabhängig vom eigentlich zuständigen Innenminister Herbert Reul (CDU).
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Kritik: SPD-Rechtsexperte Sven Wolf mahnte eine Debatte über die Vorschläge im Landtag an: „Ich erwarte nun von der Landesregierung, dass sie uns umgehend mitteilt, welche sie davon umsetzen möchte. Dann können wir uns auch parlamentarisch damit auseinandersetzen.“ Grünen-Innenexpertin Verena Schäffer kritisierte, dass der Behördenaufbau der NRW-Polizei nicht hinterfragt wurde. „Dass die Kommission keine Reform der völlig zersplitterten Polizeistruktur von 29 Landratsbehörden, 18 Polizeipräsidien und 3 Landesoberbehörden in Nordrhein-Westfalen empfiehlt, ist mehr als bedauerlich“, so Schäffer. Stattdessen setze das Gremium „hauptsächlich auf mehr Befugnisse für Polizei und Verfassungsschutz“.
Automatisierte Fahndung nach Kennzeichen
Fahndung: Die Kommission schlägt zum Beispiel zur besseren Polizei-Fahndung den Einsatz sogenannter automatisierter Kennzeichen-Lesesysteme vor. Dies ermögliche die automatische Nummernschild-Erkennung ohne großen Personaleinsatz. Dazu sind Gesetzesänderung auf Bundesebene notwendig.
Geldwäsche: Bei Immobilien-Transaktionen und im gewerblichen Kraftfahrzeughandel soll eine Bargeld-Obergrenze eingeführt werden. Bestimmte Geschäfte dürften nur bargeldlos abgewickelt werde, was den Einsatz von Schwarzgeld deutlich erschweren würde.
Gegen Einbrecher: Polizei soll zentrale Datei für Ohr-Abdrücke anlegen
Wohnungseinbrüche: Neben Fingerabdrücken und DNA-Spuren können an Tatorten häufig Ohr-Abdrücke festgestellt werden, weil Täter meist an der Tür lauschen. In NRW soll eine zentrale Datei zur Sammlung und Auswertung dieser Spuren geschaffen werden.
Hasskriminalität: Bei Hassbotschaften im Netz sollen auch ausländische Anbieter nach dem Marktort-Prinzip zur unmittelbaren Datenherausgabe an Ermittlungsbehörden gesetzlich verankert werden. Zudem könnte eine Haftung der Betreiber sozialer Medien gegenüber Opfern von Hasskriminalität für die Verletzung bestehender Löschpflichten möglich werden.
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Junge Islamisten: Aktuell haben die Verfassungsschutzbehörden keine rechtliche Grundlage zur Beobachtung von radikalisierten Kindern, die unter 14 Jahre alt sind. Weil Salafisten zunehmend junge Menschen rekrutieren und etliche indoktrinierte Rückkehrer aus Syrien unter 14 sind, soll die Altersgrenze zur Beobachtung gesenkt werden.
Faktencheck im Netz: Fake-News könnten durch die Einführung umfassender Faktenchecks eingedämmt werden. Möglicherweise könnte hierfür die Landeszentrale für politische Bildung aufgerüstet werden.
Durchsuchungen ohne Offenlegung der Ermittlungen
Durchsuchungen: Bislang muss die Polizei bei der Vollstreckung eines Durchsuchungsbeschlusses dem Beschuldigten sagen, warum seine Wohnung umgekrempelt wird. Das soll sich ändern, weil sonst das Umfeld des Tatverdächtigen gewarnt werden könnte. Die Durchsuchung würde rechtlich so gehandhabt wie eine allgemeine Verkehrskontrolle, bei der Polizisten Beweismittel auch ohne Offenlegung der Ermittlungen erlangen können.
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Stadtpolizei: Die Ordnungsbehörden in den Städten sollen als Ergänzung zur Polizei aufgerüstet werden. Die Kommission empfiehlt landesweite Mindeststandards für die kommunalen Ordnungsdienste.
Umsetzung: Die Vorschläge der „Bosbach-Kommission“ sollen durch einen regelmäßigen Sicherheitsbericht nachgehalten werden. Die Experten erhoffen sich eine „Erfolgskontrolle“ und Überprüfung der Umsetzung ihrer Empfehlungen.