Gütersloh. Bei Tests in Wohnungen von Tönnies-Mitarbeitern wurden weitere Infizierte festgestellt. Nun droht ein Lockdown im Kreis Gütersloh.

Die Lage im Kreis Gütersloh hat sich nach dem großen Corona-Ausbruch bei der Firma Tönnies so verschärft, dass die Landesregierung nun doch harte Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie plant. „Ja, es riecht nach einem Lockdown. Ich kann mir das durchaus vorstellen“, sagte Landrat Sven-Georg Adenauer (CDU) am Montagabend.

Mobile Teams finden weitere Infizierte

Die Entwicklung wird durch neue Tests beschleunigt, die mobile Teams seit dem Wochenende in Gütersloh und Umgebung durchführen. Zusätzlich zu den bisher offiziell genannten rund 1330 Infizierten im Kreisgebiet kommen jetzt zahlreiche weitere positiv Getestete, die bei Abstrichen in den Wohnunterkünften aufgefallen sind. Eine genaue Zahl nannte der Landrat nicht

Gesundheitsminister Laumann: "Lage neu beurteilen"

Auch interessant

Zuvor hatte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) bei einem Besuch im Kreis Warendorf angedeutet, dass NRW einen Lockdown plant. „Eine neue Beurteilung der Lage ist notwendig. Wir müssen wachsam sein“, so Laumann.

Er kündigte an, sich zeitnah zu weiteren Maßnahmen mit NRW-Ministerpräsident Armin Laschet abzustimmen. Die so genannte 7 Tages-Inzidenz, also die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen innerhalb der vergangenen sieben Tage, liegt im Kreis Gütersloh bei 263. Das ist weit über dem Wert von 50 Fällen je 100.000 Einwohner, der als Grenze für zusätzliche Schutzmaßnahmen gilt.

Große Probleme auch im Kreis Warendorf

Auch interessant

Auch die Nachbarkreise und -städte sind alarmiert. Im Kreis Warendorf wird die Grenze von 50 Neuinfektionen fast erreicht. Dort gibt es vor allem Probleme in den Städten Oelde, Beckum und Ennigerloh, wo viele Tönnies-Mitarbeiter wohnen.

Der Frage, ob auch Reisebeschränkungen im Kreisgebiet denkbar seien, wich Landrat Adenauer aus. Die Corona-Entwicklung im gesamten Kreisgebiet sei durchaus normal. Die Coronafälle hätten fast alle einen konkreten lokalen Bezug zum Unternehmen Tönnies.

Landrat grollt Tönnies: "Sie haben uns in diesen Schlamassel gebracht"

Ganz Deutschland schaut in diesen Tagen auf den Corona-Hotspot Gütersloh. Doch die Angst vor einem womöglich nicht mehr beherrschbaren Infektionsgeschehen geht nach den vielen Fällen beim Fleischkonzern Tönnies in Rheda-Wiedenbrück auch in den Nachbarkreisen und Städten um. Am Montag informierte sich NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) beim Krisenstab in Warendorf über die aktuelle Lage dort.

Auch interessant

Im Kreis Gütersloh gehen die Überlegungen der Landesregierung „in Richtung“ Lockdown, ließ Laumann am Rande seiner Visite durchblicken. In Warendorf sind solche Pläne derzeit nicht konkret. Aber Landrat Olaf Gericke (CDU) sagte mit Wut im Bauch: „Tönnies hat auch den Kreis Warendorf in eine schwierige Lage gebracht.“ 212 Neuinfektionen mit Bezug zum Fleischkonzern Tönnies wurden am Montag dort gezählt.

Grenzwert im Kreis Warendorf fast erreicht

Die 7-Tages-Inzidenz, also die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen innerhalb der vergangenen sieben Tage, liegt im Kreis Warendorf bei 41,8. Das ist nicht weit entfernt vom Wert 50 Fällen je 100.000 Einwohner, der als Grenze für zusätzliche Schutzmaßnahmen in einem Kreis oder einer kreisfreien Stadt gilt.

In Hamm wurden Schulen geschlossen, weil Kinder von Tönnies-Mitarbeitern positiv getestet wurden. 110 dieser Beschäftigten leben in dieser Stadt. Oberbürgermeister Thomas Hunsteger-Petermann (CDU) hofft, dass ein Lockdown nicht nötig sein wird. Das wäre den Menschen schwer zu vermitteln, so der Rathauschef. Wie in den umliegenden Regionen müssen auch im Kreis Soest Tönnies-Mitarbeiter und ihre Angehörigen in Quarantäne.

Infizierten aus Südosteuropa entstehen keine Kosten für die Behandlung

Landrat Gericke aus Warendorf knöpfte sich bei der Pressekonferenz die Firma Tönnies vor. „Wenn sie uns schon in diesen Schlamassel gebracht haben, dann sorgen sie dafür, dass die Mitarbeiter, die sich nun in Quarantäne befinden, gut mit Lebensmitteln und Dingen des täglichen Bedarfs versorgt werden.“

Auch interessant

Minister Laumann treibt weiter die Sorge um, dass Werkvertragsarbeiter aus Rumänien, Bulgarien und Polen die Quarantäne in Westfalen abbrechen und die Heimreise antreten könnten, weil sie sich nicht sicher sind, ob sie sich eine medizinische Behandlung in NRW leisten können. „Ich verbürge mich persönlich: Jeder Mensch wird in diesem Gesundheitssystem behandelt, als wenn er ein Hiesiger wäre“, betonte er. Die Patienten müssten nichts bezahlen.

Diagnose-Zentrum für die Stadt Gütersloh

Der Gütersloher Landrat Sven-Georg Adenauer (CDU) erwartet, dass sich die Landesregierung eng mit ihm über verschärfte Corona-Maßnahmen abstimmt. Schulen und Kitas sind dort schon seit Tagen geschlossen. Am Dienstag wird in Gütersloh ein Diagnose-Zentrum eröffnet, in dem sich jeder Bürger testen lassen kann.