Düsseldorf/Berlin. Mehrere Länder öffnen die Grundschulen noch vor den Sommerferien komplett. Auch in NRW wird darüber gesprochen. Der Vorschlag erntet Kritik.
In der Debatte um die weitere Öffnung der Schulen in der Corona-Krise mehren sich in NRW die Stimmen, die vor einer schnellen Rückkehr zum Präsenzunterricht noch vor den Sommerferien warnen. Diesen Schritt hat etwa Sachsen für die Grundschulen bereits Mitte Mai vollzogen, Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt planen damit für den 8. Juni.
Stefan Behlau, NRW-Landeschef des Verbands Bildung und Erziehung (VBE), betont, dass man eine frühe Öffnung nicht grundsätzlich ablehne. „Wir fragen uns aber, auf Aufwand und Ertrag in der kurzen Zeit bis zu den Ferien im angemessenen Verhältnis stehen. Schulen könnten sich überfordert fühlen. Ist es nicht besser, den Blick auf das kommende Schuljahr zu richten?"
Lehrer, Direktoren und Eltern sprechen sich gegen frühzeitige Schulöffnung aus
Am Freitag sprach sich ein breites Bündnis aus fast allen großen Lehrer-, Eltern- und Direktorenverbänden dagegen aus, Schulen in NRW noch vor den Sommerferien für den regulären Betrieb zu öffnen. Es jetzt sei besser, die Aufmerksamkeit auf das kommende Schuljahr zu richten. „Diese Planung ist eindeutig zu priorisieren gegenüber einer erneuten kurzfristigen Umplanung des jetzigen Schulbetriebs“, schreiben die Verbände in einem gemeinsamen Positionspapier.
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„Eine kurzfristige Umplanung würde zum jetzigen Zeitpunkt durch die entstehende Unruhe und Unsicherheit in den Schulen das schulische Lernen und Lehren eher behindern als befördern.“ Vertreter der Verbände hatten sich am Donnerstag mit NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) getroffen. Teilnehmer berichteten anschließend, dass die Landesregierung über eine Öffnung der Grundschulen noch vor den Ferien nachdenke.
SPD-Politiker Ott befürchtet ein "riesiges organisatorisches Problem"
Der schulpolitische Sprecher der SPD im Landtag, Jochen Ott, sieht „ein riesiges organisatorisches Problem für die Schulen“. Bessere Betreuungsangebote zur Familienentlastung hält er für möglich, „aber keinen regulären Unterricht“.
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In NRW prüft das Schulministerium derzeit, ob es zu einer Öffnung der Grundschulen im eingeschränkten Regelbetrieb noch vor den Ferien kommen kann. Ob absehbar eine Entscheidung darüber fällt, ist offen. Beschlossen ist dagegen, dass ab dem 8. Juni alle Kita-Kinder wieder in die Einrichtungen dürfen
Grundschulöffnung würde nur ohne Mindestabstand funktionieren
Gegen eine Öffnung für alle Erst- bis Viertklässler spricht aus Sicht des Ministeriums unter anderem, dass bei Einhaltung des Mindestabstands von 1,50 Metern nicht ausreichend Platz für die Kinder ist. Zudem klagen Schulen darüber, dass wegen fehlenden Reinigungspersonals die erforderlichen Hygienestandards nicht sicher gewährleistet werden könnten.
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Auf Ablehnung stößt eine schnelle Rückkehr für alle Schüler auch bei Heinz-Peter Meidinger, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes. Dass erste Länder dazu übergingen, komme zu unvorbereitet. Dies setze „ein völlig neues Hygiene- und Gesundheitsschutzkonzept voraus, das man nicht so einfach aus dem Hut zaubern kann“.
Kinderhilfswerk warnt: "Verlorene Generation" möglich
Das Deutsche Kinderhilfswerk dagegen befürchtet schwerwiegende Folgen durch die langen Schließungen. „Wir bekommen es hier, wenn wir nicht schnell den Weg der vollständigen Öffnung von Schulen und Kitas gehen, womöglich mit einer verlorenen Generation zu tun“, sagte Verbandspräsident Thomas Krüger der „Welt“.