Essen. Umfrage: Der Unterricht zu Hause bringt viele Eltern an ihre Grenzen. 60 Prozent der Schüler bleiben ohne Rückmeldung ihrer Lehrkräfte.

Viele Eltern fühlen sich zunehmend überfordert durch die Belastung, ihre Kinder während der Schulschließungen in der Coronakrise zu Hause zu unterrichten, ergab eine Online-Umfrage des Elternvereins NRW, an der mehr als 1000 Eltern teilnahmen. Dass viele Schüler nun tageweise wieder in die Klassen gehen, dürfte die Schwierigkeiten und Konflikte in den Familien nur wenig lindern.

Demnach muss mehr als die Hälfte der befragten Eltern (51,4 %) täglich mindestens zwei Stunden lang mit den Kindern lernen. 58 Prozent der Schüler können ihre Lernaufgaben nicht allein bewältigen. Und in vielen Familien (54,1 %) wird die Betreuung vor allem durch ein Elternteil geleistet. Knapp ein Drittel der Kinder hat Probleme, sich zum Lernen per Fernunterricht überhaupt zu motivieren. Oft scheitere das bereits an der Zahl der verfügbaren Computer oder Laptops, an schlechten Internetverbindungen oder fehlenden Druckern, ergab die Umfrage.

60 Prozent der Schüler bekamen keine Rückmeldung

Auch bei der Kommunikation zwischen Schulen und Schülern hapert es. Zwar bekommen die Schüler von den Lehrern Aufgaben und Übungen zugeschickt, doch auf eine Korrektur warten sie häufig vergebens. Nach der nicht repräsentativen Befragung erhielten fast 60 Prozent der Schüler keine Rückmeldung von den Lehrern. Dieses Ergebnis sei alarmierend, findet die Vorsitzende des Elternvereins, Andrea Heck.

Knapp ein Drittel der befragten Eltern bekam während der Schulschließungen gar keinen Kontakt zu den Lehrern ihre Kindes. In einer Antwort verärgerter Eltern heißt es: „Kontrolle der Lehrer müsste erfolgen. Die Klassenlehrerin macht seit sechs Wochen bezahlten Urlaub.“

Kontakt hängt vom Engagement der Lehrer ab

Die Ergebnisse der Umfrage bestätigen ein Studie der Erziehungswissenschaftlerin Birgit Eickelmann von der Uni Paderborn, die kürzlich vorgestellt wurde. Demnach fehle an den meisten Schulen in NRW ein digitales Gesamtkonzept, das die Versorgung der Schüler mit Lernangeboten sicherstellt. Die Erhebung ergab, dass es etwa nur einem Drittel der Lehrkräfte gelingt, Kontakt zu allen ihren Schülern zu halten.

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Die Kommunikation hängt nach den Umfrageergebnissen des Elternvereins NRW sehr stark vom Engagement der einzelnen Lehrkräfte ab. „Wir brauchen endlich ein einheitliches Konzept für die Kommunikation zwischen Eltern, Lehrern und Schülern“, sagte die Vorsitzende Andrea Heck.

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Vor allem Grundschuleltern leiden offenbar unter der dreifachen Belastung von Arbeit, Haushalt und Schulaufgaben. Sie fühlten sich häufig als Ersatzlehrer und allein gelassen. „Hinzu kommt, dass jede Schule und oft sogar jede Lehrkraft ihr eigenes Ding macht“, so der Elternverein. „Wer mehrere Kinder verschiedenen Alters hat, verzweifelt schon an den vielen verschiedenen Wegen der Aufgabenübermittlung“, ergab die Umfrage.

Eine digitale Plattform fehlt

Um die Kommunikation zwischen Lehrern, Schülern und Eltern zu verbessern, fordert die Erziehungswissenschaftlerin Birgit Eickelmann die rasche Einführung einer landesweit nutzbaren und sicheren Lernplattform im Internet. Hier habe NRW Nachholbedarf. Ähnlich sehen es die Befragten in der Umfrage des Elternvereins. Sie wünschen sich eine „einheitliche digitale Plattform zum Austausch von Aufgaben, Bearbeitungen und Auswertungen – und zwar an in allen Schulformen und -stufen“.

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Zudem fordern Eltern mehr digitale Geräte, Schulungen für Lehrer sowie feste Zeiten, zu denen Lehrkräfte erreichbar sind. Auch Lernpatenschaften zwischen jüngeren und älteren Schülern regen sie an. Das passt zu dem Vorschlag von Birgit Eickelmann, Lehramtsstudierende als personelle Unterstützung in die Schulen zu holen.

Auch Lob für die Lehrer

Doch die Eltern haben auch lobende Worte für die Lehrer. Viele Lehrer zeigten ein echtes Interesse am Wohlergehen ihrer Schüler. „Ich bin positiv überrascht, wie sehr sich die Klassenlehrerin bemüht zu erfahren, wie es den Kindern in dieser Situation geht“, lautet eine Elternantwort. Eine andere: „Jetzt weiß ich, wie hart der Job als Lehrer ist.“