Düsseldorf. Der Städte- und Gemeindebund befürchtet, dass die neuen Lockerungen viele Bürger leichtsinnig machen. Kontrollieren ließen sich die Regeln kaum.

Die Städte in NRW sorgen sich wegen der Lockerungen der Corona-Maßnahmen und halten die aktuellen Vorschriften für kaum kontrollierbar. „Ich kann die Sehnsucht nach Normalität gut verstehen, aber sehe auch, wie schnell die Abstandsregeln und Empfehlungen zum Schutz vor Infektionen in Vergessenheit geraten“, sagte Bernd Jürgen Schneider, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes NRW, dieser Zeitung. Für die Kommunen sei das eine „Gratwanderung“.

Nur "stichprobenartige" Kontrollen möglich

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Die jetzigen Öffnungsschritte seien für die Städte und Gemeinden eine riesige Herausforderung. „Sie werden im Rahmen ihrer Möglichkeiten alles dafür tun, dass die Regeln eingehalten werden“, sagte Schneider. „Allerdings werden Polizei und Ordnungsbehörden kaum in der Lage sein, eine Kontaktbeschränkung auf zwei Haushalte flächendeckend zu kontrollieren.“ Und in der Gastronomie und im öffentlichen Raum könne allenfalls stichprobenartig kontrolliert werden.

Bei der früheren Kontaktbegrenzung auf maximal zwei Personen seien Kontrollen „mit großem personellen Aufwand bei einem komplett heruntergefahrenen Land noch leistbar“ gewesen. Nun aber kehre das Leben in die Städte zurück.

Friseure schwärzen Kollegen an

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Auch in den Rathäusern des Ruhrgebiets wächst die Verunsicherung. Die 40 Ordungsamt-Mitarbeiter, die in Gelsenkirchen täglich zwischen 7 und 22 Uhr auf der Straße unterwegs seien, könnten eine so große Stadt nur marginal kontrollieren, sagte ein Sprecher der Stadt Gelsenkirchen. Bisher wurden in Gelsenkirchen im Zusammenhang mit der Corona-Schutzverordnung mehr als 800 Ordnungswidrigkeitenanzeigen bearbeitet.

Auffällig ist die Neigung mancher Menschen, sich gegenseitig zu kontrollieren. So seien bei der Stadt Gelsenkirchen mehrfach Hinweise von Friseuren eingegangen, die bemängelten, dass andere Friseure die Hygieneregeln nicht einhielten.

Personalmangel verschärft sich

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Norbert Dahmen, Dortmunder Ordnungsdezernent, sagte: „Ich teile die Einschätzung des Städte- und Gemeindebundes. Das Problem wird noch dadurch ve rschärft, dass das zusätzliche Personal, das den Ordnungsämtern beim Herunterfahren der Verwaltungen für Kontrollen zusätzlich zur Verfügung stand, nun wieder für die Wahrnehmung der originären Aufgaben benötigt wird."

Der Städte- und Gemeindebund appellierte an die Eigenverantwortung. „Allen muss klar sein: Die neuen Freiheiten werden nur von Dauer sein, wenn jeder einzelne sich verantwortungsbewusst verhält“, meinte Bernd Jürgen Schneider. ​