Essen. Hanslothar Kranz ist der wohl dienstälteste Kommunalpolitiker im Revier. Einer vom alten Schlag und mit großem Herz.

Er ist der wohl dienstälteste Kommunalpolitiker im Ruhrgebiet und ein Menschenfreund. Hanslothar Kranz wird am Donnerstag 85 Jahre alt. In seiner Heimat Essen-Werden hat er unzählige Spuren hinterlassen, in seiner Partei auch: Kranz ist seit 63 Jahren in der CDU, war 34 Jahre Bezirksbürgermeister und engagiert sich schon ein halbes Jahrhundert lang im Regionalverband Ruhr (RVR). Mehr Revier-„Urgestein“ geht nicht.

Sie ist anspruchslos, winterhart und übersteht längere Trockenphasen. Die Felsenbirne, die Hanslothar Kranz am Donnerstag hinter der St. Ludgerus-Basilika in Essen-Werden pflanzt, dürfte gute Chancen haben, dem Klimawandel zu trotzen. Ursprünglich stammt die Baumart aus Nordamerika, aber ihre robuste Natur passt mitten ins Revier, findet der Essener. Neue Menschen rücken nach, neue Bäume wachsen. Die Pflanzaktion zum Geburtstag diene der „Nachwelt“, sagt Kranz.

"Menschen in Not muss man helfen"

2015, auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise, als sich immer mehr Merkel-Kritiker zu Wort meldeten, verteidigte Hanslothar Kranz die Kanzlerin in dieser Zeitung vehement: „Konsequent und menschlich“ sei die Grenzöffnung gewesen, sagte er damals. Seine Haltung in dieser Frage ist fünf Jahre später unverändert. „Ich komme aus der Adenauerzeit. Meine Generation steht unter dem Eindruck des NS-Grauens. Und eine der Lektionen, die ich gelernt habe ist: Wenn Menschen in Not sind, dann muss man helfen.“ Seine Erinnerungen an Ruinen, an hungernde Zwangsarbeiter, an von Bomben zerfetzte Klassenkameraden sind noch immer frisch. Kranz' Geschichte ist eine typische „Kriegskinder“-Geschichte aus dem Ruhrgebiet.

Acht CDU-Bundesvorsitzende hat Kranz erlebt, von Adenauer bis „AKK“, und die meisten auch persönlich getroffen. Als Katholik war und ist die Union für ihn die beste politische Adresse. Der Essener wollte 1957, als er in diese Partei eintrat, ein „Mosiksteinchen“ im demokratischen Deutschland sein. Einer, der seinen Teil dazu beitragen wollte, dass sich die furchtbaren Jahre zwischen 1933 und 1945 nie wiederholen.

"Geburtssaal, Hörsaal, Plenarsaal"

Kranz betont gern, dass er nicht zu jenen gehöre, die „morgens schon Sozialdemokraten frühstücken“. Die klassischen „Kümmerer“, wohlwollende Menschen, die ihren Nachbarn auf Augenhöhe begegnen, finde man im Revier in CDU, SPD und in den anderen demokratischen Parteien. Nur heute vielleicht nicht mehr so viele wie früher. Und die richtigen Malocher unter den Mandatsträgern scheinen inzwischen so rar zu sein wie Hochöfen und Fördertürme. Die politische Musterkarriere von heute beschriebt Kranz leicht spöttisch mit einem Dreiklang: „Geburtssaal, Hörsaal, Plenarsaal“. Er selbst ist Tischler, Maurer und Diplom-Bauingenieur.

Nicht alles im Ruhrgebiet habe sich über die Jahre verändert, sagt Kranz. Das Revier werde „immer noch von starken Oberbürgermeistern geprägt“. Das regionale Denken in der „Stadtlandschaft“ Ruhrgebiet entwickele sich nur langsam. Dafür kann der Senior heute in der alten Kohle- und Stahl-Region anders als früher unbeschwert die Natur genießen. Ende der 1960-er Jahre, als Kranz Mitglied des Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk (später KVR und RVR) wurde, war der Himmel über der Ruhr noch nicht blau.

"Wellness-Oasen" für Arbeiterfamilien

„Ein weißes Oberhemd konnte man damals nur einen halben Tag lang tragen. Das haben viele schon vergessen“, erzählt er. Und erinnert sich an die großartige Idee, den arbeitenden Menschen und ihren Familien zur Erholung Revierparks wie Gysenberg, Mattlerbusch und Wischlingen zu schenken. Die Besucherzahlen dieser Parks sind rückläufig, Fragen nach ihrer Existenzberechtigung und den hohen Kosten wurden zuletzt laut. In den 1970-ern waren diese Anlagen aber beliebte Wellness-Oasen für jedermann und in gewisser Weise die frühen Botschafter des neuen, grünen Ruhrgebietes. Inzwischen werden die Parks mit viel Geld aus Brüssel und Düsseldorf in „ökologisch wertvolle Orte der Begegnung“ verwandelt.

Spenden für Notschlafstelle "Raum 58"

Hanslothar Kranz erzählt gern von seinen Begegnungen mit politischen Größen wie Joachim Gauck, Helmut Kohl oder Johannes Rau, von alten Revier-Stadtoberhäuptern wie Günter Samtlebe und Josef Krings. Zu seinem Geburtstag rückt er aber die Kleinen, Unbekannten in den Mittelpunkt: Kranz sammelt Spenden für die Notschlafstelle „Raum 58“ in Essen für Jugendliche, die ihren Lebensmittelpunkt auf der Straße haben.

Kranz wurde 1935 in Duisburg geboren. Er ist seit 1963 Vorsitzender der CDU Essen-Werden, war Ratsmitglied, Bezirksbürgermeister, Vorsitzender des Ruhrparlaments, ist Mitglied in mehreren Dutzend Kultur- und Sportvereinen sowie karitativen Einrichtungen und wurde mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse geehrt.