Düsseldorf. Der Ministerpräsident beantwortete Zuschauerfragen zur Corona-Krise im Fernsehen - und wurde dabei mit vielen lebensnahen Problemen konfrontiert.

Armin Laschet ist zwar mit einigen „schlauen Zetteln“, wie der Ministerpräsident seine Unterlagen nennt, am Donnerstagabend ins WDR-Fernsehstudio gekommen, aber doch erkennbar mit leeren Händen. Knapp 45 Minuten stellt sich der Regierungschef ausgewählten Zuschauerfragen zur Corona-Krise. Viel Hoffnung, dass sich die medizinisch beängstigende, wirtschaftlich katastrophale und sozial deprimierende Lage im Land irgendwie absehbar ändern könnte, verbreitet Laschet gar nicht erst. Er trägt zwar eine grüne Krawatte und lächelt manches Mal freundlich in die Kamera, aber eigentlich ist die politische Auslage gerade ziemlich leer.

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Laschet wird nach der Schutzausrüstung gefragt, auf die Kliniken und Arztpraxen dringend angewiesen sind. „Wir kämpfen im Moment gegen die Weltmärkte“, sagt der Ministerpräsident. Die Landesregierung hat Berge bestellt, aber bislang nicht einmal ein Häuflein geliefert bekommen. Das einzige, was zurzeit im Überfluss vorhanden ist, sind Scharlatane, die Laschet „persönlich jeden Tag 50 bis 60 Angebote“ unterbreiten zu Wucherpreisen und mit zweimonatiger Lieferfrist.

Der Pflegeberuf soll besser bezahlt werden - irgendwann "nach der Krise"

Einer Pflegerin, die von der Corona-Station der Uniklinik Essen zugeschaltet ist, gibt Laschet auch nur ein vages Versprechen, dass ihr Beruf „nach der Krise“ besser bezahlt und aufgewertet werden solle. Die von existenziell bedrohten Betrieben ersehnte Staatshilfe wiederum will der Ministerpräsident in „fünf, sechs, sieben Tagen“ bewilligen. Die Antragsformulare seien ab Freitag im Internet zu finden und einfach gehalten. „Ich habe mir das Formular selbst angeschaut“, sagt Laschet.

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Ein eingeblendeter trauriger Gastronom aus dem Kreis Heinsberg fürchtet, selbst bei diesen Hilfen leer auszugehen, weil er seinen Laden erst vor zwei Jahren eröffnet hat und noch keine entsprechend gesunden Geschäftszahlen vorlegen kann. Zehn Mitarbeiter stehen jetzt dort auf der Kippe. Dazu kommt der enorme Imageschaden, den Heinsberg als angeblicher „Infektionsherd“ dauerhaft davontragen könnte. „Momentan muss man sich fast schämen, wenn man ein Sterne-Restaurant ins Heinsberg betreibt“, klagt der Gastronom. Laschet weiß darauf nicht viel zu sagen. Zupackende Politiker-Floskeln wie „Geben Sie mir Ihre Nummer, ich kümmere mich drum“ spart er sich lieber.

Denn: „Jeder wird Verluste erleiden“, hält der Regierungschef auch schonungslos einer „Kurzarbeiterin“ entgegen, die mit 67 Prozent ihres Lohns den Lebensunterhalt nicht bestreiten kann. Ob man den Jahresurlaub vor der Kurzarbeit abfeiern muss, kann auch Laschet nicht sagen. „Der Ministerpräsident weiß auch nicht alles“, entschuldigt er sich.

Dem traurigen Gastronom aus Heinsberg kann auch der Landesvater nicht helfen

Man weiß sicher, dass der Regierungschef die Bevölkerung heute Abend nicht schonen will. Oste rn mit der erweiterten Familie? Wird es nicht geben. Der Feier zum 9. Geburtstag eines Mädchens aus Bonn? Muss nachgeholt werden. Vielleicht bekommt sie immerhin einen Brief von Laschet – als Andenken an den Ehrentag in Corona-Zeiten. Vereinsfußball? Wird allenfalls erst „im zweiten Schritt“ nach dem möglichen Wiederbeginn der Schule nach den Osterferien in Betracht gezogen. Dass so viele Kinder sich nach der Schule sehen, witzelt Laschet eher gequält weg: „Das hätte ich als Kind nicht gefragt.“ Immerhin: Die Sommerferien werden wohl nicht gekürzt: „Sehe ich im Moment nicht.“

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Nicht gerade sattelfest zeigt sich der Ministerpräsident bei der Kita-Notbetreuung, die zu Wochenbeginn ausgeweitet wurde. Auch Kinder, bei denen nur ein Elternteil in der sogenannten kritischen Infrastruktur arbeitet, dürften nun wieder kommen. Die Erzieherinnen haben deshalb Angst, dass sich in den Kitas und Schulen leichter Corona verbreitet. Die Betreuung werde „nicht gelockert“, behauptet dagegen Laschet. Auch beim irren Klopapier-Notstand in zahllosen NRW-Supermärkten scheint der Regierungschef nicht im Bilde zu sein. Er wundert sich, dass ein WDR-Zuschauer Wucherpreise im Netz beklagt und selbst die Moderatorin der Sendung ihre Toilettenrollen online organisieren musste. „Wer es im Moment nicht gerade dringend braucht", rät Laschet, "soll noch einen Moment warten.“

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