Witten. Eltern können ihre Kinder beim Einkaufen nicht mit in den Supermarkt nehmen: Zwei Mütter wurden an einem Lebensmittelmarkt in Witten abgewiesen.

Bei vielen Supermärkten müssen Kunden zurzeit draußen anstehen, damit nicht zu viele Menschen gleichzeitig einkaufen. Ein Wittener Markt hat die Zutrittsregeln offenbar drastisch verschärft und lässt nach Angaben zweier Mütter keine Kinder unter 15 Jahren mehr in den Laden.

Der einen Mutter soll das Securitypersonal verboten haben, den Kinderwagen mit ihrem anderthalbjährigen Sohn in den Supermarkt mitzunehmen. Die andere sollte - so schildert sie es - während des Einkaufs ihre siebenjährige Tochter draußen stehen lassen. Der Marktbetreiber wollte diese Vorfälle weder bestätigen noch kommentieren.

Die Mütter, nach eigenen Angaben langjährigen Kundinnen, hatten sich unabhängig voneinander an die Redaktion gewandt. Sie sind schockiert und sprechen von Diskriminierung. So verpflichte das Sicherheitspersonal die Kunden, einen Einkaufswagen zu nehmen, damit automatisch ein Sicherheitsabstand zwischen den Einkäufern gewährleistet ist.

Viele Käufer wollten dies aber gar nicht - etwa, weil sie die Griffstange nicht anfassen oder nur eine Kleinigkeit einkaufen möchten. Dies hat Stella Weber beobachtet, die mit ihrer siebenjährigen Tochter anstand, um eine Zeitschrift zu kaufen.

Kunden möchten Einkaufswagen nicht anfassen

Schon die Frau vor ihr in der Schlange habe eine Diskussion mit dem Sicherheitsmann über den Einkaufswagen begonnen. Als sie an die Reihe gekommen seien, habe dieser nur "Keine Kinder" gesagt und Mutter sowie Tochter abgewiesen. "Ich dachte, ich hätte mich verhört", sagt Stella Weber (46). Schließlich habe der Sicherheitsmann sie und ihr Kind nach mehrfachem Bitten in den Kassenbereich gelassen, um dort etwas zu fragen. Weber: "Auch, weil meine Tochter sich verängstigt an mich geklammert hat." Eine Mitarbeiterin habe ihr auf Nachfrage dann bestätigt, dass Kindern unter 15 Jahren der Zutritt seit Montag nicht mehr erlaubt sei.

Eine Begründung sei nicht genannt worden. Ein mögliches Motiv: Manche Wittener hatten in den vergangenen Tagen von "Familienausflügen" berichtet, bei denen Eltern mit ihren Kindern durch die Gänge schlenderten.

Kinderwagen im Kassenbereich zurücklassen

Ähnlich fassungslos ist Jana Hoffmann. Auch sie wurde eigenen Angaben zufolge am Eingang des Supermarkts abgewiesen - bei ihr sei aber der Kinderwagen der Grund gewesen. Den müsse sie im Kassenbereich abstellen, habe man ihr mitgeteilt. Ihren anderthalbjährigen Sohn solle sie - wegen der Einkaufswagenpflicht - in den Wagen setzen. "Das sei nun Bestimmung", hätte es geheißen.

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Genau das wollte Jana Hoffmann aber nicht. "Soll ich mein Kleinkind in einen potenziell verseuchten Wagen setzen und damit meine ganze Familie gefährden? Oder anders herum: Was, wenn mein Sohn unbemerkt Träger des Virus ist, ich ihn in den Einkaufswagen setze, zig andere Leute ihn berühren und so mit dem Virus in Kontakt kommen?"

Einkaufen konnte sie an diesem Tag für ihre Familie nichts. Sie fühle sich einer gewissen Willkür ausgesetzt, mit der der Ladenbetreiber Regeln für sein Geschäft aufstelle. Nach dem Ärger über die in ihren Augen "unsinnige Bestimmung" rief sie beim Gesundheitsamt und beim Bürgertelefon der Landesregierung an. "Nirgends konnte man mir die Existenz einer solchen Bestimmung bestätigen, geschweige denn einen Nutzen nennen, den ein Verbot von Kinderwägen im Einkaufsladen zur Folge hätte", sagt sie.

Einlasskontrollen auch bei anderen Wittener Supermärkten

Solche drastische Maßnahmen sind von anderen Wittener Supermärkten nicht bekannt. Wenngleich Lieferprobleme, der Schutz des eigenen Personals und das Kundenverhalten alle Marktbetreiber vor große Probleme stellen. Bei Edeka Schwalemeyer in Bommern stehen Mitarbeiter - oft die Chefs - vor der Eingangstür, maximal 80 Kunden dürfen zeitgleich in den Laden. Rewe Kesper in Rüdinghausen hat die Zahl der Einkaufswagen auf 50 begrenzt.

Beide Marktbetreiber sagen, dass die Zahl der Kunden zurzeit deutlich zurückgehe. "Die Hamster haben sich zurückgezogen", sagt Ralf Schwalemeyer. "Die Leute halten sich sehr diszipliniert an die Abstandsregelung", so Tobias Kesper. Auch er spricht von einer eher ruhigen Woche. Und: "Es werden kaum noch Kinder zum Einkauf mitgebracht."

Info: Keine Sonderöffnungszeiten für Ältere

Manche Rewe-Märkte in Deutschland hatten besondere Einkaufszeiten für Ältere ausgewiesen - und haben diese Idee schnell wieder gekippt. Zu viele jüngere Kunden hatten sich über diese Diskriminierung beschwert. In keinem Wittener Markt gibt es keine Sonderöffnungszeiten für Ältere.