Ruhrgebiet. Krankenhäuser bekommen in der Corona-Krise nun mehr Geld für Notfallmaßnahmen. Was wird wo im Revier bereits getan? Ein Überblick.

„Gemeinsam alles unternehmen, um die Krankenhäuser bestmöglich auf das vorzubereiten, was kommen kann“, wollte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) – und versprach vor einer Woche ein 7,8 Milliarden Euro schweres Paket für die Kliniken in der Corona-Krise. Nach Kritik von den Klinikverbänden fällt dieses Paket nun größer aus als geplant. Noch fließen die Mittel nicht – aber die Kliniken im Ruhrgebiet haben bereits viel umgestellt.

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„Wir sind mit aller Anstrengung dabei, zusätzliche Intensivbetten zu schaffen“, sagte Christoph Hanefeld, medizinischer Geschäftsführer beim St. Joseph-Hospital Bochum, das Teil des Katholischen Klinikums Bochum ist. Der Krankenhausverbund will an seinen vier Standorten in Bochum die Zahl der Beatmungsplätze mehr als verdoppeln – von 31 auf 70.

Alle Ärzte werden fit gemacht

Damit sind die Bochumer Häuser nicht allein: Auch die Evangelischen Krankenhäuser Mülheim und Oberhausen der Ategris-Gruppe haben die Beatmungskapazitäten verdoppelt. Im Alfried-Krupp-Krankenhauses in Essen-Rüttenscheid hält man eine Kapazitätsausweitung von bis zu 50 Prozent für vorstellbar.

Laumann zu neuen Vereinbarungen

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat das geplante Hilfsprogramm für die Unterstützung der Krankenhäuser aufgebessert, nachdem die Krankenhausverbände heftige Kritik geäußert hatten. Jochen Brink, Präsident der Krankenhausgesellschaft NRW, hatte Spahn vorgeworfen, die Krankenhäuser im Stich zu lassen und den Gesetzentwurf als „in höchstem Maße irritierend“ bezeichnet.

Die neuen Vereinbarungen seien „vertretbar“, sagte Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). Sie würden „ermöglichen, die Liquidität der Krankenhäuser in dieser schwierigen Situation sicherzustellen“. Laumann hatte den Kliniken bereits Hilfen in Höhe von 150 Millionen Euro zugesagt.

Während etwa in Mülheim in leergezogenen Flüchtlingsunterkünften notfalls Ausweichkrankenhäuser eingerichtet werden, wird das St. Josef-Hospital in Bochum für die zusätzlichen Intensivbetten Gebäude nutzen können, die eigentlich für die Probandenforschung gedacht sind. Für jedes neue Intensivbett sollen die Kliniken nun 50.000 Euro erhalten. Geplant waren zunächst 30.000 Euro. Pro behandeltem Patient – ob an Corona erkrankt oder nicht – soll ein Zuschlag von 50 Euro gezahlt werden. Nur: Woher soll das Personal kommen, das sich um die steigende Zahl von Intensivpatienten kümmert?

„Wir werden Ärzte aus anderen Fachbereichen und Pfleger aus Normalstationen so fit machen, dass sie auch im Intensivbereich helfen können“, versicherte Christoph Hanefeld. Auch Spezialisten aus Abteilungen wie der Dermatologie oder der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde werden nach Einschätzung des Bochumer Internisten perspektivisch bei der Intensivbehandlung unterstützen müssen.

200 freiwillige Wittener Medizin-Studenten

Um das Personalproblem zu lösen, hat die Bundesregierung empfohlen, Studenten oder Ärzte im Ruhestand zu aktivieren. „Einen Rückgriff auf Studenten und Personal im Ruhestand haben wir bislang noch nicht geplant“, heißt es aus den Helios-Kliniken in Duisburg. Im St.-Johannes-Hospital Dortmund hilft ein ehemaliger Oberarzt zumindest bei einer Hotline aus, die für Mitarbeiter mit eiligen Fragen eingerichtet wurde.

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Dass viele Medizinstudenten bereit wären zu helfen, zeigt eine Initiative in Witten: Dort haben sich über 200 Freiwillige gemeldet, nachdem im Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke laut darüber nachgedacht wurde, Studenten der Uni Witten/Herdecke einzusetzen.

560 Euro für jedes freie Bett

Der am schnellsten erfolgte Schritt ist die Verschiebung von nicht akuten Operationen gewesen. „Oberste Priorität ist es, sicherzustellen, dass ein Bett, das für die Versorgung von Corona-Patienten gebraucht wird, nicht blockiert ist durch Patienten, die nicht zwingend zum jetzigen Zeitpunkt hätten versorgt werden müssen“, sagte Valentin Riemer, Sprecherin der Helios-Kliniken in Duisburg. Für jedes Bett, das aufgrund einer verschobenen OP frei bleibt, sollen Kliniken nun 560 Euro pro Tag bekommen, ursprünglich waren zwischen 410 und 540 ins Auge gefasst worden.

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Aus dem St. Joseph-Hospital Bochum ist zu hören, dass zwischen 60 und 70 Prozent der Eingriffe nicht zu verschieben sind. „Das sind Notfalleingriffe – etwa bei Darm- oder Bauchspeicheldrüsenkrebs-Patienten“, erläutert Geschäftsführer Hanefeld. Auch bei den Ev. Kliniken Essen-Mitte kann der Großteil der Operationen nicht abgesagt werden. „Wir haben viele Krebspatienten – und damit viele Akutoperationen“, so Geschäftsführer Frank Mau. Einen späteren Termin könne man für sogenannte elektive Eingriffe finden – zum Beispiel für OPs von Rückenfehlbildungen, nach denen sich Patienten auf Intensivstationen erholen müssen. Also dort, wo man die Betten für Corona-Patienten benötigen wird.

Entlastung der Notaufnahmen

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Um die Zentralen Notaufnahmen zu entlasten, wurden bereits in mehreren Kliniken im Revier gesonderte Diagnosestellen für Menschen mit Corona-Symptomen eingerichtet. Vor dem Gladbecker St. Barbara-Hospital wird in einem Zelt zunächst geklärt, wer zur Behandlung ins Krankenhaus aufgenommen wird und wer nicht. Zelte wurden auch vor dem Malteser-Krankenhaus St. Anna in Duisburg aufgebaut – für die Testung von Covid-19-Verdachtsfällen. In Gelsenkirchen wird aktuell daran gearbeitet, das St. Josef-Hospital als spezialisiertes Corona-Zentralkrankenhaus auch für Gladbecker Patienten einzurichten.