Düsseldorf. Ministerpräsident Laschet hat ein historisches 25-Milliarden-Programm für Firmen in Not angekündigt. Das verbirgt sich dahinter im Einzelnen.

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hat zur Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise ein beispielloses Hilfsprogramm des Landes angekündigt. „Mit einem Sondervermögen von rund 25 Milliarden Euro spannen wir einen NRW-Rettungsschirm von historischer Größe“, sagte Laschet am Donnerstag nach einer Videokonferenz mit Vertretern von Arbeitgebern, Banken und Gewerkschaft. Die zugesagten Mittel für Unternehmen umfassen ein Drittel aller bisherigen Ausgaben des Landes und entsprechen etwa drei Prozent der gesamten NRW-Wirtschaftsleistung. Es sei das „größte Hilfsprogramm seit 1946“, so Laschet.

Landtag soll im Eiltempo die Rekordverschuldung beschließen

Der Landtag soll im Eiltempo einen Nachtragshaushalt für dieses Jahr beschließen, der einen Kreditrahmen von 25 Milliarden Euro für Hilfsprogramme ermöglicht. Die Schuldenbremse, die eigentlich zur Balance von Einnahmen und Ausnahmen zwingt, gestatte im Falle einer Naturkatastrophe wie der Corona-Krise solche tiefroten Zahlen, sagte NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper (CDU): „Davon machen wir Gebrauch.“ Man hoffe aber, nicht die volle Summe von 25 Milliarden Euro zu benötigen. Eigentlich sollte das Land in der gesamten Legislaturperiode bis 2022 ohne neue Schulden auskommen. Inwieweit die sich abzeichnende Rezession auch die bisherige Einnahmekalkulation des Landes für die kommenden Jahre hinfällig macht, konnte Lienenkämper noch nicht abschätzen.

Laschet gab als oberstes Ziel aus, mit verschiedenen Hilfsprogrammen bisher gesunde Unternehmen vor Liquiditätsengpässen durch wegbrechende Aufträge und Umsätze zu bewahren. „Jetzt kommt es darauf an, schnell, unbürokratisch und wirksam zu handeln“, sagte Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP). Hunderttausende Mittelständler und Kleinunternehmen sollen vor allem hochbesicherte Bürgschaften des Landes in Anspruch nehmen können. Kein anderes Bundesland gewähre so großzügige Bürgschaften wie NRW, betonte Pinkwart. Zudem sollen Steuerstundungen und Fristverlängerungen für die Umsatzsteuer unbürokratisch angeboten werden.

Wirtschaft spricht von einem "starken Signal" in einer dramatischen Situation

Der Bund hatte bereits großzügige Regelungen beim Kurzarbeitergeld, unbegrenzte Kredite sowie Zuschüsse für Kleinstunternehmen zugesagt. Sollten die Zusagen des Bundes für die Rettung kleinerer Betriebe nicht reichen, werde das Land auch Soforthilfen auflegen, kündigte Laschet an. Die Hoffnung der Landesregierung: Wenn die NRW-Wirtschaft nach der Corona-Krise bloß irgendwie wieder möglichst schnell auf die Beine kommt, könnten die hohen Verbindlichkeiten des Landes dann dank sprudelnder Steuerquellen alsbald zurückgezahlt werden. Die NRW-Wirtschaft zeigte sich erleichtert über die Entschlossenheit der Landesregierung: "Dies ist ein ganz starkes Signal in einer dramatischen Situation", sagte Unternehmerpräsident Arndt Kirchhoff.

Derweil will die Landesregierung Ausgangssperren und Grenzschließungen zu den Niederlanden weiter vermeiden. Laschet appellierte an die Bürger, auf soziale Kontakte zu verzichten: „Jeder einzelne hat es in der Hand zu verhindern, dass es zu einer Ausgangssperre kommt.“ Die Grenze zu den Niederlanden solle solange offen bleiben, wie es der Aufrechterhaltung von Lieferketten und der Eindämmung der Pandemie diene. Mit Sorge beobachtet NRW, dass die Niederländer mit einer „Herdenimmunität“ experimentieren und die kontrollierte Ansteckung möglichst vieler Menschen mit dem Corona-Virus in Kauf nehmen. Dies sei der komplett andere Weg als in NRW, sagte Laschet.

Bürgschaften, Steuererleichterungen, Zuschüsse - das Hilfspaket im Einzelnen

Hinter dem Sondervermögen des Landes über 25 Milliarden Euro verbergen sich vor allem folgende konkrete Hilfsangebote für Unternehmen in Corona-Not:

  • Der Rahmen für Landesbürgschaften wird von 900 Millionen auf 5 Milliarden Euro erhöht. Der Gewährleistungs‐ und Rückbürgschaftsrahmen für die Bürgschaftsbank NRW soll von 100 Millionen auf 1 Milliarden Euro ausgeweitet und die Bürgschaftsobergrenze auf 2,5 Millionen Euro verdoppelt werden.
  • Das Land verbürgt sich zu 90 Prozent, sobald die EU‐Kommission eine so hohe Absicherung durch den Staat rechtlich zulässt. Der Hintergrund dieser Maßnahmen: Firmen sollen bei ihrer Hausbank weiter Kredite bekommen, obwohl die aktuelle Ertragslage das eigentlich nicht zuließe.
  • Pinkwarts Verprechen: Alle Entscheidungen werden besonders schnell getroffen. Für Landesbürgschaften sagt der Minister eine Bearbeitungszeit von einer Woche zu. Bei der Bürgschaftsbank soll es "Expressbürgschaften" bis 250.000 EUR innerhalb von 3 Tagen geben.
  • Neben den auf Bundesebene verabredeten steuerlichen Erleichterungen für kriselnde Unternehmen verzichtet NRW ab sofort auch auf Sondervorauszahlungen für Dauerfristverlängerungen bei der Umsatzsteuer. Damit stelle man der Wirtschaft auf Antrag Mittel im Umfang von mehr als vier Milliarden Euro sofort bereit.
  • NRW will das angekündigte Zuschussprogramm des Bundes speziell für Kleinunternehmer und Solo‐Selbständige bei Bedarf aus dem Sondervermögen des Landes ergänzen. Sie sollen Geld erhalten, um in der aktuellen Corona-Auftragsflaute überleben zu können.

Die entsprechenden Hotlines für die einzelnen Hilfen hat die Landesregierung auf der neuen Homepage hinterlegt.