Bochum. Weg mit Hartz IV, her mit bezahlbaren Wohnungen und ordentlichen Jobs. Die NRW-SPD rückt beim Parteitag in Bochum deutlich nach links.
Die NRW-SPD will mit einem„Kurswechsel nach links verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen. „Wir setzen die Segel auf Rot pur“, rief Parteichef Sebastian Hartmann den 450 Delegierten bei einem Sonderparteitag zu. Der bundesweit größte SPD-Landesverband bricht mit dem Erbe der Schröder-Ära, will zum Beispiel das Hartz IV-System „überwinden“, eine großzügige Kindergrundsicherung einführen, er fordert einen Mindestlohn von zwölf Euro, den Bau von günstigen Mietwohnungen und viel mehr Steuergerechtigkeit.
Nach der verlorenen Landtagswahl setzt die NRW-SPD auf einen politischen „Systemwechsel“, um wieder in die Spur zu kommen und. Der Parteitag in Bochum sollte ein „entscheidender Meilenstein“, sein, um das Vertrauen der Menschen zurückzugewinnen: Ein „starker solidarischer Staat“ müsse die Bürger vor „Marktlogik und Profitgier“ schützen, sagte Hartmann. Die SPD müsse sich wieder um die arbeitende Mitte der Gesellschaft kümmern. „Was sagen wir dem Busfahrer, der die Miete nicht bezahlen kann? Was sagen wir der Rentnerin, die von ihrer Rente nicht leben kann?“, fragte der Bundestagsabgeordnete. Die wachsende Ungleichheit in der Gesellschaft sei „der Sprengstoff unserer Zeit“.
Fast einstimmig folgten die Delegierten dem leitantrag und damit dem Kurswechsel Richtung "Rot pur". Widerstand gegen die Kurskorrektur nach links war in Bochum praktisch nicht zu hören. Die parteiinternen Kritiker von der Initiative „SPDpur 2030“ verzichteten auf Angriffe. Trotz der prekären Lage, in der sich die SPD im Land und im Bund befindet, blieb der Parteitag harmonisch. Das Spitzenpersonal der Partei stand in Bochum nicht zur Wahl.
"Der Staat ist für euch da"
Veith Lemmen, stellvertretender SPD-Landesvorsitzender, warb für den Leitantrag „Rot pur“, weil damit das „Grundversprechen der sozialen Sicherheit“ wieder erfüllt werden könne. Menschen, die in Not geraten, müssten sich auf die SPD verlassen können: „Ihr müsst keine Bittsteller sein, der Staat ist für euch da.“
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„Viele sind enttäuscht von der Sozialdemokratie. Viele Menschen fragen uns, wie unterscheidet ihr euch von der Union“, sagte der Groko-kritische SPD-Landtagsfraktionschef Thomas Kutschaty. Raus aus der Groko ist auch das Motto der Parteijugend um die Juso-Landeschefin Jessica Rosenthal. „Wir können in dieser Koalition nur den Minimalkonsens beschließen.“
DGB-Landeschefin Anja Weber warnt vor dem Bruch der Großen Koalition
Ganz anders beurteilt die DGB-Landesvorsitzende Anja Weber das Bündnis zwischen Union und SPD im Bund. „Macht die Berliner Koalition nicht schlechter als sie ist“, rief sie den Delegierten zu. So wären die Braunkohle-Ausstiegsbeschlüsse der Kohlekommission ohne die SPD in der Bundesregierung nicht zustande gekommen, und die Kohleregionen in NRW könnten nicht mit so viel Unterstützung rechnen. Der DGB fordert auch beim Klimaschutz den Willen bei der SPD, Kompromisse zu schließen. Der Klimaschutz könne nicht verbessert werden, ohne soziale und wirtschaftliche Themen zu berücksichtigen.
Widerstand gegen die Kurskorrektur nach links war in Bochum praktisch nicht vorhanden. Die parteiinternen Kritiker von der Initiative „SPDpur 2030“ verzichteten auf offene Angriffe.