Düsseldorf. Das Verkehrsministerium hat die umstrittenen Staulängen mit einer neuen Software nachrechnen lassen - mit einigen überraschenden Ergebnissen.
Auf den NRW-Autobahnen staute sich der Verkehr im vergangenen Jahr doch erheblich länger als zunächst von der Landesregierung offiziell vermeldet. Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) hat die Statistik in einem Bericht für den Landtag überraschend nach oben korrigiert. Demnach kam es 2018 zu genau 117.699 Kilometern Gesamtstaulänge – ein Plus von 13.257 Kilometern oder 12,7 Prozent gegenüber der Meldung des Landesbetriebs „Straßen.NRW“ zu Jahresbeginn.
„Das ist schlicht eine Frage der Technik. Der Landesbetrieb setzt eine neue Software ein, die genauer und stabiler misst“, erklärte eine Sprecherin des Verkehrsministeriums auf Anfrage. Das bisherige Stauauswertesystem in NRW war bereits seit fast 20 Jahren in Betrieb. An rund 2500 Verkehrserfassungsstellen wird dabei gemessen, wann die Geschwindigkeit der vorbeifahrenden Autos länger als fünf Minuten unter 35 Stundenkilometer sinkt. Offenbar gingen aber immer wieder Staus verloren, weil das System sie nicht korrekt erfassen konnte. Mit einer neuen Software, die 2016 noch von Wüsts Amtsvorgänger Michael Groschek (SPD) angeschafft wurde, soll die Fehleranfälligkeit nun behoben sein.
Der ADAC hatte viermal so viele Stau-Kilometer gemessen
Man habe nach dem Software-Update die Werte der Jahre 2017 und 2018 noch einmal berechnen lassen, um sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, die Staulängen kleinzurechnen, erklärte das Verkehrsministerium. Im Jahr 2017 gab es demnach 120.405 Kilometer Stau und nicht nur 108.103, wie zunächst gemeldet. Die Tendenz bleibe jedoch richtig: Die Stauentwicklung in NRW sei zwischen 2017 und 2018 rückläufig, so das Verkehrsministerium.
Ungelöst ist gleichwohl der alljährliche Konflikt mit dem ADAC. Der Automobilclub hatte 2018 eine viermal so große Stau-Kilometerzahl für NRW errechnet und eine Zunahme um 6,4 Prozent gegenüber 2017 beklagt. Die Landesregierung hatte diese Statistik angezweifelt. Der ADAC verlässt sich bei seinen Berechnungen auf Angaben von Speditionen und Nutzern von Navigationsgeräten sowie auf Polizei-Meldungen. Einsatzkräfte der Polizei melden Staus, etwa bei der Aufnahme von Unfällen, an ihre Leitstelle. Dort werden Kilometerschätzungen manuell in ein Staumeldesystem eingetragen.
Seit Jahren streiten die Verkehrspolitiker im Landtag darüber, welche Messmethode der Autofahrer-Realität am nächsten kommt. Im Landtagswahlkampf 2017 hatte die CDU den Nerv vieler genervter Bürger im Stauland Nummer eins mit einem bissigen Plakatslogan getroffen: „Wozu noch Frühstück? Ich beiß bei jedem Stau ins Lenkrad.“