Düsseldorf. Eine fast vergessene Passage aus dem NRW-Koalitionsvertrag sorgt für Diskussionen: Soll für den Polizei-Beruf wieder die mittlere Reife reichen?

Die NRW-FDP will den Polizei-Beruf wieder für Realschüler öffnen. Seit der mittlere Dienst vor knapp 20 Jahren abgeschafft wurde, können nur noch Bewerber mit Fachhochschulstudium oder abgeschlossener Berufsausbildung das dreijährige duale Bachelor-Studium zum Kommissar im gehobenen bzw. höheren Dienst aufnehmen.

Bei den Koalitionsverhandlungen mit der CDU von Ministerpräsident Armin Laschet gelang es den Liberalen vor zwei Jahren, eine entsprechende Passage im Regierungsprogramm zu verankern: „Unter Beibehaltung der zweigeteilten Laufbahn wollen wir künftig auch Bewerberinnen und Bewerbern mit mittlerem Bildungsabschluss den Zugang zum Polizeidienst ermöglichen.“ Passiert es bislang jedoch nichts.

„Wir sind ungeduldig“, sagte am Donnerstag der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Landtagsfraktion, Henning Höne. Das Innenministerium sei „am Zug“, ein Modell zur Umsetzung vorzulegen. Mit Blick auf Realschüler bei der Polizei sagte Höne: „Ich habe nicht das Gefühl, dass wir es uns leisten können, diese Menschen auszuschließen.“ Andere Bundesländer haben am mittleren Dienst für Realschüler festgehalten.

Innenminister Reul fasst das Thema erkennbar mit spitzen Fingern an

Innenminister Herbert Reul (CDU) fasst das Thema erkennbar mit spitzen Fingern an. Er hat ganz andere Baustellen: Mehr Personal in allen Bereichen, stärkere Spezialisierung, neue Strategien gegen „Clans“, Terrorgefahr, Kinderpornografie und mehr. Die Polizei hat außerdem aktuell kein Bewerberproblem, eher eines mit zu hohen Durchfallquoten während der Ausbildung.

Die mächtige Gewerkschaft der Polizei (GdP) hält ohnehin nichts von der Debatte. „Der Polizeiberuf ist so anspruchsvoll geworden, dass es völlig verkehrt wäre, die Zugangsvoraussetzungen absenken zu wollen“, erklärte GdP-Landeschef Michael Mertens auf Anfrage. Er plädiert dafür, stärker um qualifizierte Realschüler mit abgeschlossener Berufsausbildung zu werben. Wer eine erfolgreiche Lehre etwa als Bankkaufmann oder IT-Techniker vorzuweisen habe, könne schon heute zur Polizei gehen.

Die FDP wird ihre Forderung aber kaum ins Leere laufen lassen. Nachdem man der CDU die Hand zur hochumstrittenen Abschaffung der Bürgermeister-Stichwahlen gereicht hat, die verabredeten Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer wohl doch nicht kommen und die Mietpreisbremse womöglich doch bleibt, wächst an der liberalen Basis der Erwartungsdruck. Zumal die abgesagte Schuldentilgung der Landesregierung oder deren Unentschiedenheit bei Grundsteuer, Grunderwerbsteuer und Kommunalschulden auch nicht recht zum Selbstverständnis passen.