Düsseldorf. Sondersitzung im Landtag: Hat das FDP-geführte Schulministerium einer FDP-nahen Unternehmerin einen attraktiven Marktzugang verschafft?
Im Streit um die Vergabe eines Digital-Projekts des FDP-geführten Schulministeriums an die Firma einer FDP-nahen Unternehmerin und Parteispenderin hat die Opposition im Landtag am Mittwoch eine Neuausschreibung und volle Akteneinsicht verlangt.
Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) hatte im vergangenen Jahr einen Auftrag für eine „Mobile Digitalwerkstatt“ vergeben. Ein Labor-Truck soll Grundschulen in allen 53 Schulamtsbezirken anrollen. Der Auftrag ging ohne Ausschreibung an die Haba Digital GmbH. Geschäftsführerin der Firma ist Verena Pausder, die dem Wirtschaftsforum der FDP angehört. Laut Bundestagsdrucksache 18/13502 hat Pausder der FDP am 10. August 2017 eine Spende über 50.100 Euro überwiesen.
Bei der Auswahl des Anbieters sei vom Ministerium „eine eindeutige Linie Richtung Haba Digital gelegt worden“, kritisierte Grünen-Schulexpertin Sigrid Beer in einer Sondersitzung des Schulausschusses. Mögliche Konkurrenten seien gar nicht angefragt worden. SPD-Fraktionsvize Jochen Ott beklagte, dass das Ministerium von Anfang an „zielgerichtet auf eine Vertragsunterzeichnung mit Haba Digital“ hingearbeitet habe: „Es bleibt die Anscheinserweckung durch eine Parteispende.“ Ein Vergabevermerk des Ministeriums, der grünes Licht geben sollte, sei mit Hilfe einer Anwaltskanzlei erst an jenem Tag fertiggestellt worden, an dem Staatssekretär Mathias Richter (FDP) bereits den fertigen Vertrag mit Haba Digital unterzeichnete.
Koppelung mit dem Firmenlogo in der Elterninformation
Ministerin Gebauer wies die Vorwürfe zurück. Man sei vielmehr bei einer „Markterkundung“ zum Schluss gekommen, dass Haba Digital als einziger Anbieter für die Mobile Digitalwerkstatt in Frage komme. Eine europaweite Ausschreibung sei deshalb nicht notwendig gewesen. In einer früheren Vorlage für den Schulausschuss im März hatte Gebauer noch argumentiert, das Auftragsvolumen von zunächst 600.000 Euro habe unter dem EU-Schwellenwert von 750.000 Euro gelegen und deshalb keine Ausschreibungspflicht ausgelöst.
Staatssekretär Richter zitierte am Mittwoch aus einem nicht näher genannten weiteren Rechtsgutachten, das nun vom Ministerium nachträglich eingeholt worden sei und das das Vergabeverfahren als „gut vertretbar“ eingestuft habe. Die juristische Zweitmeinung habe Haba Digital eine „begründete Alleinstellungsqualität“ bescheinigt, so Richter. Mehrere Start-Ups und Digital-Initiativen hatten zuletzt das intransparente Verfahren moniert. Auch drei NRW-Hochschulen sollen sich bereit erklärt haben, das Digitalprojekt zu stemmen. Zudem war bekannt geworden, dass das Medienzentrum des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) intern zu einer Ausschreibung des Projekts gedrängt hatte.
Gebauer musste am Mittwoch einräumen, dass das Schulministerium Haba Digital die Werbe-Verknüpfung des Firmenlogos mit dem Logo der Landeskampagne „Digitaloffensive Schule NRW“ untersagt habe. Zuletzt war in einer Elterninformation zur Schul-Projektwoche „Mobile Digitalwerkstatt“ die Koppelung mit dem Privatunternehmen aufgefallen. Grünen-Schulexpertin Beer vermutet schon länger, dass Haba Digital „aus Steuergeldern und mit dem Segen der Ministerin eine enorme Reichweite und ein exklusiver Marktzugang verschafft werden soll“.