Düsseldorf. Neue Dokumente legen nahe, dass die pikante Auftragsvergabe früh und gegen interne Bedenken eingestielt wurde. Die Opposition ist alarmiert.

Im Fall der umstrittenen Auftragsvergabe des Schulministeriums an eine FDP-nahe Unternehmerin sind weitere Zweifel am Vorgehen der Landesregierung laut geworden. Jetzt bekannt gewordene interne E-Mails legen den Verdacht nahe, dass die Vergabe bereits im Juli 2018 mit Hilfe einer Rechtsanwaltskanzlei eingestielt und noch vor Abschluss der Vergabeprüfung des Ministerialapparats am 10. Oktober vertraglich besiegelt werden sollte.

Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) hatte im vergangenen Jahr einen Auftrag für eine „Mobile Digitalwerkstatt“ vergeben. Ein Labor-Truck soll Grundschulen in allen 53 Schulamtsbezirken anrollen. Der Auftrag ging ohne Ausschreibung an die Haba Digital GmbH. Geschäftsführerin der Firma ist Verena Pausder, die dem Wirtschaftsforum der FDP angehört. Laut Bundestagsdrucksache 18/13502 hat Pausder der FDP am 10. August 2017 eine Spende über 50.100 Euro überwiesen.

Wie nun der „Kölner Stadtanzeiger“ zuerst berichtete, hat sich das Schulministerium bei der Vergabe offenbar über Bedenken des Medienzentrums des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) hinweggesetzt. Die LVR-Experten hatten am 4. Juli 2018 schriftlich festgehalten: Bei der Projektsumme sei „ein europäisches Ausschreibungsverfahren notwendig mit einer ungefähren Planungsphase von ca. einem Jahr“. Doch nur zwei Tage später (6. Juli 2018) übermittelte die Referatsleiterin des Schulministerium, eine Vertraute von Gebauer, der für die Vertragsangelegenheiten zuständigen Anwaltskanzlei per Mail bereits die Kontaktdaten von FDP-Spenderin Pausder.

Es gab offenbar interne Warnungen, den Auftrag ohne europaweite Ausschreibung zu vergeben

Merkwürdig auch: Am 5. Oktober 2018 kündigte die Referatsleiterin des Ministerium schon mal der Kanzlei an, dass Staatssekretär Mathias Richter (FDP) bereits am 8. Oktober 2018 den fertigen Vertrag mit Haba Digital unterzeichnen wolle. Die Mail liegt unserer Redaktion vor. Der Vergabevermerk des Ministeriums, der die Korrektheit des Regierungshandelns bescheinigen sollte, wurde jedoch erst am 10. Oktober abgezeichnet. Alle politischen Ebenen – von der Referatsleiterin bis hoch zum Staatssekretär – unterschrieben diesen damals am selben Tag, was im Regierungshandeln als ungewöhnlich gilt. War hier Eile geboten?

Zunächst hatte Gebauer in dem Fall gegenüber dem Schulausschuss des Landtags argumentiert, das Auftragsvolumen von zunächst 600.000 Euro habe keine EU-weite Ausschreibungspflicht ausgelöst. Später wurde präzisiert, der Schwellenwert von 750.000 Euro für eine EU-weite Ausschreibung sei gar „nicht zum Tragen“ gekommen, weil es außer Haba Digital europaweit keinen einzigen alternativen Anbieter gegeben habe. Dem hatten zuletzt 23 Start-up-Unternehmen, Initiativen und Digital-Experten in einem offenen Brief an Gebauer widersprochen.

Das Schulministerium weist den Vorwurf der Vetternwirtschaft zurück. Für die Opposition verdichten sich indes die Anzeichen, dass hier womöglich ein wegen Marktzugängen zu Lehrern und Eltern lukrativer Auftrag bewusst in eine Richtung gelenkt werden sollte. SPD und Grüne haben eine Sondersitzung des Schulausschusses beantragt.