Düsseldorf. . Niedersachsen plant, die Einrichtung von Waffenverbotszonen zu erleichtern. Die NRW-Koalitionspartner haben abweichende Meinungen zur Initiative.
Noch vor der Sommerpause will Niedersachsen eine Initiative zur Änderung des Waffenrechts in den Bundesrat einbringen. Der Vorschlag sieht vor, die Einrichtung von Waffenverbotszonen zu erleichtern. In NRW herrscht zwischen den Koalitionspartnern CDU und FDP Uneinigkeit über den Vorstoß von Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius, und auch das Innenministerium ist noch unentschlossen.
Laut dem innenpolitischen Sprecher der CDU, Dr. Christos Katzidis, steht die NRW-Landtagsfraktion der Union dem Vorstoß aus Niedersachsen offen gegenüber. „Wir registrieren zunehmend Messerattacken insbesondere gegen Bedienstete des öffentlichen Dienstes. Dem wollen wir entgegenwirken“, erklärt Katzidis auf Anfrage.
Arbeitsgruppe prüft Umsetzung
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Niedersachsen will mit seiner initiative erreichen, dass Messer überall dort verboten werden können, wo Menschen auf engem Raum zusammenkommen - dazu soll künftig auch keine größere Gefährdungsanalyse wie bisher nötig sein. Waffenverbotszonen in Fußgängerzonen, Schulen, Kindergärten, Einkaufszentren, öffentliche Gebäuden, Jahrmärkten, Kirmes, sonstigen Veranstaltungen, Diskotheken, Restaurants und Kneipen könnten, so Katzidis, ein sinnvolles Instrument für die Ordnungs- und Sicherheitsbehörden sein. Diese sind bisher nur an Kriminalitätsschwerpunkten möglich.
Wie die Verbotszonen umgesetzt oder kontrolliert werden sollen, konnte Katzidis noch nicht beantworten. Dies werde eine von der Innenministerkonferenz eingesetzte Arbeitsgruppe prüfen.
Schärfere Waffengesetze nur „Placebo“
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Die FDP-Landtagsfraktion verurteilt zwar Messerattacken, hält aber eine Verschärfung der Gesetzeslage nicht für die richtige Lösung. „Allgemeine Verbotszonen sind in der Praxis fast unkontrollierbar“, erklärt Marc Lürbke, innenpolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion.
Pauschale Verschärfungen der Waffengesetze können, so der FDP-Sprecher, schnell zu einem reinem Placebo verkommen und beeinträchtigen damit die „rechtschaffenen Bürger, von denen wahrlich keine Gefahr ausgeht.“ Eine radikale Gesetzesverschärfung, von der sich Kriminelle ohnehin nicht abschrecken lassen, könne daher nicht der beste Weg sein.
„Niemandem ist doch geholfen, wenn man der Hausfrau ihr Schweizer Taschenmesser verbietet“, sagt Lürbke. In dem Vorschlag von Boris Pistorius geht es laut Medien-Informationen konkret um Messer mit einer Klingenlänge über sechs Zentimeter.
SPD hält Verbotszonen für sinnvoll
Die SPD ist nach Angaben von Hartmut Ganzke, innenpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, für die Initiative aus Niedersachsen. Angriffe mit Messern oder anderen Stichwaffen seien für die Opfer brandgefährlich. „Die Indizien häufen sich - und dieser Eindruck wird in Polizeikreisen bestätigt - dass der Einsatz solcher Waffen insbesondere bei jugendlichen Tätern zugenommen hat und teilweise aus geringfügigsten Anlässen erfolgt“, erklärt Ganzke.
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Punktuelle Verbotszonen an großen Bahnhöfen, Einkaufszentren oder auf Volksfesten seien deswegen sinnvoll. Für wirksame Kontrollen sei aber eine umfassende personelle Ausstattung der Polizei entscheidend.
Gesetze laut AfD zu „lasch“, Grüne unentschlossen
Die Grünen halten sich noch die Optionen offen, bis der Gesetzesentwurf aus Niedersachsen vorliegt. Die innenpolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion Verena Schäffer sagt zum Thema: „Eine Waffenrechtsverschärfung begrüßen wir, auch um den Zugang zu Waffen zu erschweren. Allerdings ist fraglich, ob Waffenverbotszonen effektiv kontrolliert werden können, da es hierzu vieler Polizeikräfte bedarf, die auch in anderen Bereichen benötigt werden.“
Die AfD ist gegen den Vorschlag aus Niedersachsen. „Man braucht keine prophetische Gabe, um vorherzusagen, dass die von Boris Pistorius festgestellte Zunahme von Messerattacken mit einem solchen Gesetz nicht verringert wird“, sagt Markus Wagner, innenpolitischer Sprecher der AfD, „Treffen wird es nur den Pfadfinder oder Outdoor-Sportler mit seinem Taschenmesser.“ Schon bereits bestehende Gesetze werden in NRW, so Wagner, bei Vergehen gegen die Sicherheit „kaum oder nur lasch“ umgesetzt.
Innenministerium: „Ergebnisse bleiben abzuwarten“
Wie sich das Innenministerium zur Sache positioniert, ließ die zuständige Sprecherin noch offen. Noch warte man auf die schriftliche Vorlage zu der Initiative und auf zusätzliche Daten. Eine Arbeitsgruppe, die im Juni 2018 von der Innenministerkonferenz eingerichtet wurde, sei damit beschäftigt, Vorschläge für den Vollzug des Waffengesetzes beim Mitführen von Messern zu vereinheitlichen. Diese Arbeitsgruppe soll auch Empfehlungen zur Einrichtung von Waffenverbotszonen erstellen. „Die Ergebnisse bleiben abzuwarten“, heißt es auf Anfrage vom Innenministerium.
Die Gewerkschaft der Polizei NRW ist zwar prinzipiell für präventive Maßnahmen gegen Waffenbesitz, steht dem Vorschlag aus Niedersachsen aber skeptisch gegenüber. „Waffenverbotszonen ergeben nur Sinn, wenn es genügend Kontrollen gibt“, sagt Michael Mertens, GdP-Vorsitzender in NRW. Die alleinige Einrichtung einer Waffenverbotszone würde, so Mertens, ein Sicherheitsgefühl versprechen, das so nicht eingehalten werden könne. Für die schwerpunktmäßigen Kontrollen müsste Personal eingesetzt werden – das dann in anderen Bereichen möglicherweise fehle.
Stattdessen setzt die GdP auf Gesamtkonzepte für „gefährliche Orte“, wie sie zum Beispiel im Kreis Mettmann zum Tragen kommen: Dort werde das Personal an Kriminalitätsschwerpunkten gebündelt, so dass dort statt einem Streifenwagen regelmäßig drei Streifenwagen eingesetzt werden. „Das erzeugt eine Wirkung – ganz ohne eine Waffenverbotszone“, erklärt Mertens. Weiterhin müsse die Bevölkerung dafür sensibilisiert werden, wie „brandgefährlich“ Messer seien. Mertens: „Das ist von jetzt auf gleich eine tödliche Waffe.“