Düsseldorf. . CDU und FDP wollen am Donnerstag gegen alle Widerstände Fakten schaffen. Die Opposition ist empört und droht mit Verfassungsklage.
Der Streit im Landtag über die von CDU und FDP im Eilverfahren geplante Abschaffung der Bürgermeister-Stichwahlen und den Neuzuschnitt von Kommunalwahlkreisen eskaliert. SPD und Grüne drohen mit einer Verfassungsklage. „Wer ohne Grund an unserem Wahlrecht herumbastelt, der gefährdet die demokratische Legitimation“, sagte SPD-Kommunalexperte Hans-Willi Körfges am Mittwoch im Landtag. Die Opposition vermutet hinter dem Vorstoß der Regierungsfraktionen ein machtpolitisches Spiel zum Vorteil der CDU.
Bereits am morgigen Donnnerstag wollen CDU und FDP das Gesetz durchs Parlament bringen – ohne weitere Sachverständigenanhörung. Staatsrechtler und Kommunalexperten hatten bei einer Anhörung im Februar erhebliche Einwände gegen die Regierungspläne. Demnach soll es zur Kommunalwahl 2020 in NRW keine Stichwahlen mehr für (Ober-) Bürgermeister und Landräte geben.
„Türkische Bürger zählen dann nicht mehr“
Erst seit Kurzem ist einer breiten Öffentlichkeit bewusst, dass die Pläne von Schwarz-Gelb auch auf eine Neuberechnung der Ratswahlkreise abzielen. Das sorgt bei SPD und Grünen zusätzlich für Empörung. Künftig soll der Maßstab bei Kommunalwahlen nicht mehr die Zahl der Einwohner in einem Wahlkreis sein, sondern die Zahl der Wahlberechtigten. Das bedeutet, dass Ausländer, die keine EU-Staatsbürgerschaft haben, nicht mitgezählt würden.
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Für SPD-Landtagsfraktionschef Thomas Kutschaty ist das „undemokratisch“ und „ein Faustschlag ins Gesicht“ von Bürgern, die wie alle anderen in ihrer Stadt Steuern zahlten. „Türkische Staatsbürger zählen dann nicht mehr“, so Kutschaty. Dahinter stünden wie bei der geplanten Abschaffung der Stichwahl taktische Überlegungen: Wahlkreise, in denen viele Nicht-EU-Ausländer leben und in denen bisher die Sozialdemokraten stärker sind, wären für die CDU leichter zu gewinnen.
Weniger Stichwahlen und sinkende Wahlbeteiligung
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte, die Abschaffung der Stichwahl sei „verfassungskonform“. Union und FDP begründen ihren Vorstoß mit einem sinkenden Interesse der Wähler an den Stichwahlen und den hohen Kosten. „Sowohl die Zahl der Stichwahlen als auch die Wahlbeteiligung dabei sind stark gesunken“, erklärte Jörg Geerlings (CDU). Mancherorts wählten nur rund 15 Prozent der Wahlberechtigten bei einer Stichwahl den Bürgermeister.
Die Neuberechnung der Wahlkreise ist laut CDU und FDP rechtlich zulässig und im Sinne des Grundgesetzes. Auch Bundestagsabgeordnete repräsentierten alle Bürger im Wahlkreis, obwohl nicht alle Bürger wahlberechtigt sind.