Düsseldorf. . Das Land Nordrhein-Westfalen legt sich bisher bei der Finanzierung der „Berufseinstiegsbegleitung“ quer. Tausende Schüler könnten betroffen sein.
Pfleger, Mechatroniker oder doch Lkw-Fahrer? Der 15-jährige Shaqir wusste ein Jahr vor seinem Schulabschluss nicht, welchen Beruf er erlernen wollte. Fast wöchentlich wechselte er seine Meinung, erinnert sich Carsten Mees. Der Sozialpädagoge Mees begleitete den Jugendlichen während seines letzten Schuljahres als Ansprechpartner in allen Fragen rund um die Berufswahl.
Wie tausende Jugendliche in NRW hat Shaqir an der „Berufseinstiegsbegleitung“ teilgenommen, ein Angebot der Bundesagentur für Arbeit. Das Programm „Berufseinstiegsbegleitung“, das Hauptschüler bei der Ausbildungsplatzsuche unterstützt, steht womöglich vor dem Aus. Die Fördermittel des Bundes fließen nur noch bis zum Schuljahresende, und ob das Land für die Finanzierung einspringt, ist unklar.
Über Hunderttausend Jugendliche nahmen teil
Von der Berufseinstiegsbegleitung haben seit 2012 bundesweit etwa 115.000 Jugendliche an Haupt-, Gesamt- und Förderschulen profitiert. In NRW waren es laut Arbeitsagentur jährlich im Schnitt 6000 Schüler an 500 Schulen. Fachleute bewerten die Berufseinstiegsbegleitung (BerEb) als ein wichtiges Instrument.
Doch das Erfolgsprogramm droht auszulaufen: Die Förderung durch den Bund läuft nur noch bis zum Ende des Schuljahres – für das Schuljahr 2019/2020 ist sie bislang nicht vorgesehen. Eine Fortsetzung des Programms ist nur möglich, wenn ein neuer Ko-Förderer gefunden wird. Das könnte das Land NRW sein. Doch die Landesregierung hat dem bisher nicht zugestimmt – im Gegensatz zu Bayern und Sachsen.
Um die Berufseinstiegsbegleitung fortzuführen, müsste NRW etwa 15 Millionen Euro beisteuern, die Gesamtkosten betragen jährlich 30 Millionen Euro. Bislang wird das Programm zur Hälfte von der Bundesagentur für Arbeit und vom Bund getragen.
„Für die Schüler wäre fehlende Unterstützung fatal“
Verständnis hat Carsten Mees, Fachbereichsleiter am Grone-Bildungszentrum in Dortmund, für das Zögern von NRW nicht. Das Programm sei eine wertvolle Hilfe für Jugendliche, weil es eine enge Betreuung erlaube. Als die Berufseinstiegsbegleitung an Dortmunder Schulen eingeführt wurde, sei die Übergangsquote in den Beruf von zwölf Prozent auf 25 Prozent gestiegen, sagt Mees. „Für die Schüler wäre es fatal, wenn sie diese Unterstützung nicht mehr erhalten“, meint der Sozialpädagoge.
Die Betreuer helfen den Schülern, einen Beruf zu finden und Bewerbungen zu schreiben. Shaqir sei anfangs ein schwieriger Fall gewesen, so Mees. Der mit seiner Familie aus Albanien geflüchtete Jugendliche habe oft gefehlt, weil er seine Eltern für Übersetzungen begleiten musste. Mittlerweile habe er aber erfolgreich seine Probezeit als Azubi bei einem großen Logistikunternehmen in Dortmund hinter sich, erzählt Mees.
Land verhandelt „intensiv“ mit Bund und Arbeitsagentur
Als Bedingung dafür, die Berufseinstiegsbegleitung weiter zu finanzieren, fordert NRW mehr „Mitgestaltungsmöglichkeiten“, wie es in einer Antwort von NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) auf eine SPD-Anfrage heißt. Das Land fordert eine „länderspezifische Anpassung“, um möglichst viele Schüler erreichen und die Berufseinstiegsbegleitung mit der NRW-Initiative „Kein Abschluss ohne Anschluss“ verbinden zu können.
Der Handlungsdruck sei hoch, gibt das Ministerium auf Nachfrage zu. Man verhandle intensiv mit Bund und Arbeitsagentur.