Düsseldorf. . Die Chefin des Landesbetriebs Straßen.NRW bekommt einen Direktor auf Augenhöhe. Dabei sagen alle, sie mache einen guten Job.

Elfriede Sauerwein-Braksiek, die Chefin von Straßen.NRW, soll künftig den großen Landesbetrieb nicht mehr alleine führen, obwohl sie offenbar äußerst erfolgreich arbeitet. Teile der Belegschaft und Gewerkschafter sind irritiert und fragen sich: Warum besteht das NRW-Verkehrsministerium auf eine Doppelspitze? Schließlich dürfte sich die Mitarbeiterzahl wegen der Gründung der neuen Bundesautobahngesellschaft IGA bald annähernd halbieren. Die Formel „Halbe Belegschaft und doppelte Führung“ wirkt auf viele Beobachter befremdlich.

Der neue „Kaufmännische Direktor“, der im Auftrag des Verkehrsministeriums von der Headhunter-Gesellschaft Odgers Berndtson in Frankfurt für Straßen.NRW gesucht wird, darf sich über die großzügige Beamtenbesoldung B 6 freuen. Das sind 9255 Euro im Monat plus gegebenenfalls Familienzuschlag. Zunächst fünf, dann zwei Bewerber sollen in die engere Auswahl gekommen sein. Gerüchten zufolge ist die Personalie fast entschieden, wohl zugunsten eines leitenden Beamten aus einer Kreispolizeibehörde. Sollte dies stimmen, dann dürfte ein Verdacht schon ausgeräumt sein: Der, dass die Landesregierung hier bloß einen gut dotierten Posten für einen Gefolgsmann schafft.

„Zwei Chefs? Das geht nicht.“

Dennoch reagiert Frank Nichtitz, Landesvorsitzender der Fachgewerkschaft der Straßen- und Verkehrsbeschäftigten und Experte für Straßen.NRW, verschnupft auf die Personalplanung. Zwei Chefs mit gleicher Besoldung auf Augenhöhe? „Das kann nicht gut gehen“, glaubt Nichtitz. Über neue Stellvertreter könne und müsse man reden, aber am Ende sollte einer den Hut aufhaben. Sonst drohe am Ende ein ähnliches Kompetenzchaos wie früher bei der Doppelspitze des Bau- und Liegenschaftsbetriebes BLB.

Die Jahre, in der gleich mehrere Chefs die Geschicke des Landesbetriebs Straßenbau leiteten, sind vielen übrigens als düster in Erinnerung. Vor Elfriede Sauerwein-Braksiek gab es sogar ein „Dreigestirn“ an der Spitze. „Diese Drei haben mehr gegen- als miteinander gearbeitet“, erinnern sich Mitarbeiter. Der Betrieb geriet ins Schlingern.

Ministerium: „Sauerwein macht sensationellen Job“

Sauerwein-Braksiek (59), seit 2015 die erste Frau an der Spitze von Straßen.NRW, gilt als Glücksgriff für den Landesbetrieb. Sie ist Bauingenieurin und beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit Straßenbau und Verkehr. „Sie spricht unsere Sprache, sie kennt sich aus“, schwärmen Mitarbeiter. Einen Fehler allerdings habe sie, heißt es: Sauerwein-Braksiek, die vom früheren NRW-Verkehrsminister Michael Groschek (SPD) gefördert wurde, lasse sich den Mund nicht verbieten. Ist das der Grund, warum ihr die Landesregierung unbedingt eine zweite Führungspersönlichkeit an die Seite stellen will?

Das NRW-Verkehrsministerium weist solche Vermutungen von sich. „Frau Sauerwein macht einen sensationellen Job, und sie hat das Vertrauen des Ministers“, sagte eine Sprecherin des Ministeriums dieser Redaktion. Aus der Landesregierung wird versichert, Sauerwein-Braksiek bleibe auch künftig „die Nummer 1“. Ob der gleich besoldete Direktor dies auf Dauer auch so sieht, bleibt abzuwarten.

Verunsicherung unter den Mitarbeitern

Laut Verkehrsministerium hat Straßen.NRW im vergangenen Jahr einen Rekordumsatz gemacht. Und für den Erhalt von Landesstraßen wurden 2018 fast 200 Millionen Euro ausgegeben – 39 Millionen Euro mehr als ursprünglich geplant. Diese Zahlen sollen erklären, warum ein Chef alleine nicht mehr genug sei. Doppelspitzen seien früher beim Landesbetrieb üblich gewesen. Der Neue solle sich vor allem um das derzeit größte Problem von Straßen.NRW kümmern: gute Fachkräfte zu rekrutieren. Die seien auf dem freien Markt kaum noch zu bekommen. Mehr Aufgaben, mehr Investitionen, Mitarbeitergewinnung – auf diese Argumente baut das Land die Entscheidung, die Führungsspitze des Betriebs zu verdoppeln.

Auf der anderen Seite steht Straßen.NRW vor einem radikalen Personalschnitt. Bis zu 2400 der 5600 Mitarbeiter sollen in die neue „Infrastrukturgesellschaft für Autobahnen und andere Bundesfernstraßen“ (IGA) wechseln. Viele Beschäftigte haben Angst davor, in diese GmbH des Bundes zu gehen, weil die Konditionen noch nicht feststehen. Zur allgemeinen Verunsicherung kommt nun noch die Diskussion über die Führung.