Düsseldorf. Die Großrazzia zeigt: CDU und FDP hängen das populäre Thema innere Sicherheit hoch. Manchmal schießen sie dabei übers Ziel hinaus.
Die frühere rot-grüne Landesregierung hat es 2017 schmerzlich erfahren: Wer den Eindruck hinterlässt, die innere Sicherheit zu vernachlässigen, der verliert in diesen aufgeregten Zeiten Wahlen. Umgekehrt war die CDU in NRW auch erfolgreich, weil sie die Karte innere Sicherheit konsequent ausspielte.
Der Kampf gegen Clans und Terroristen gehört zum Markenkern von Schwarz-Gelb in NRW. Innenminister Herbert Reul (CDU) gefällt sich als „Law-and-order-Mann“ und ist gern persönlich dabei, wenn, wie am Wochenende, Beamte zu Razzien ausrücken. „Wir stören sie. Wir treten dem Machtanspruch der Clanfürsten selbstbewusst entgegen“, hatte Reul schon im April 2018 nach einer Razzia in Essen gesagt, wohl wissend, wie populär diese Haltung in der Bevölkerung ist.
Auch Reuls Vorgänger Ralf Jäger zeigte sich auf Razzien
Sein Vorgänger Ralf Jäger (SPD) war einst genauso unterwegs. Mit Razzien gegen Rocker und dem Verbieten von Neonazi-Kameradschaften erarbeitete er sich einen guten Ruf. Jägers Ruf zerbröselte, als es anderswo mit der inneren Sicherheit schlecht lief lief. Übergriffe gegen Frauen in der Kölner Silvesternacht, Hogesa-Krawalle und Skandale in Flüchtlingswohnheimen brachten ihn in Bedrängnis.
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Solche Schwächen wollen sich CDU und FDP nicht erlauben. Zwar geht die Kriminalität in NRW zurück, zuletzt sogar bei den Einbrüchen, aber die gefühlte Unsicherheit vieler Menschen bleibt. Daher gehören markige Sätze inzwischen zu politischen Reden dazu. „Jeder Rechtsbruch muss konsequent verfolgt werden, egal ob von rechts, links, von Islamisten oder Berufskriminellen“, sagte FDP-Landtags-Fraktionschef Christof Rasche am Sonntag beim Neujahrsempfang seiner Partei. Sogar bei der SPD geht dieser Zeitgeist um. „Wir dürfen No-go-Areas nicht achselzuckend hinnehmen“, sagte Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius neulich vor SPD-Bundestagsabgeordneten aus NRW und Norddeutschland. Rot-Grün hatte in NRW die Existenz von „No-go-Areas“ stets bestritten.
Neues "Sicherheitspaket" ist bereits angekündigt
Für 2019 ist in NRW ein weiteres „Sicherheitspaket“ mit Neuaufstellung des Verfassungsschutzes und einer besseren Ausstattung der Polizei geplant. Im Ruhrgebiet kämpfen schon Sonder-Staatsanwälte gegen kriminelle Clans. Eine neue Zentralstelle Terrorismusverfolgung soll effizienter gegen Terrorverdächtige ermitteln.
Der Fokus auf der inneren Sicherheit ist so stark, dass NRW dazu neigt, übers Ziel hinaus zu schießen. Das geplante Polizeigesetz ist selbst nach einer deutlichen Entschärfung umstritten, und im Sommer geriet Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) in Bedrängnis, als er den Islamisten Sami A. sozusagen an der Justiz vorbei nach Tunesien abschieben ließ.